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Illusirirle Zeitung.
2210. 7. November 1885
jugendliche Gemahl der alten Frau, dem diese den Anblick einesjungen und hübschen Mädchens entziehen wollte. Und er, er,ihr Abgott, der Mann, den sie liebte, führte das alte Weib amArme. Sie sah das, sah es mit eigenen Augen. Es war keinTraum.
„Meine selige Mutter wußte nichts davon, daß gnädige Frausich wieder vermählt hatten," sprach Betty mit einer Stimme,welche so fremd und rauh klang, daß der Mann zusammenfuhrund scheu das Gesicht abwandte. „Ohne Zweifel... ist dieserHerr ... Ihr Gemahl?"
Die Dame schien dieses Sicheindrängen in ihre Privatver-hältnisse Höchst unpassend zu finden. Wenigstens kniff sie dieLippen ein und nahm eine hochmüthige Miene an.
„Ja, mein Fräulein. Dieser Herr ist mein Gemahl. Wün-schen Sie sonst noch etwas zu erfahren?"
„Nein," sagte Betty in einem Tone, welcher der Frau viel-leicht zu denken gegeben haben mochte. „Leben Sie wohl." —
Klug genug hatte der Mann es angestellt, um das wehrloseMädchen zu täuschen. Jetzt erst fiel ihr auf, daß er ihr keineinziges mal geschrieben, daß er selbst die unbedeutendste Bot-schaft an sie auf mündlichem Wege bestellt hatte. Sie solltenichts in Händen haben, was eine Waffe gegen ihn hätte werdenkönnen. Eine ihr selbst unerklärliche Neugierde trieb sie an, zuerforschen, wie weit sein Betrug gegangen. Auf Umwegen zogsie Erkundigungen ein, ob in dem Bankhause, in welchem er,wie er sagte, beschäftigt war, sich wirklich ein Mann seines Na-mens befinde. Das war nun allerdings der Fall, aber er undder Träger des Namens waren zwei verschiedene Menschen; viel-leicht hatte er vorausgesehen, daß sie auf den Einfall kommenkönnte, sich näher über ihn zu erkundigen, und hatte aus Vor-sicht den Namen eines gefälligen Collegen geborgt, ihn vielleichtin den sauberen Handel eingeweiht; wer weiß! Alles warLüge gewesen; vom ersten bis zum letzten Worte; das rührendeMärchen von der kranken Mutter und den Schwestern war eineErfindung gewesen, um das betrogene Mädchen hinzuhalten undfür die Heimlichkeit des Verkehres eine Erklärung zu finden, derliebevolle Sohn, der gute Bruder, der Mann mit dem sanftenund zartfühlenden Wesen, durch welches er sich in ihr arglosesHerz eingeschmeichelt, er hatte sie sehr gut durchschaut und er-kannt, auf welche Weise sie am leichtesten zu bethören wäre...Alles war Lüge gewesen. Er hatte sie damals hinter der Por-tiere im Hause seiner Frau gesehen, sie ausgekundschaftet, sichihr genähert, und dies war jetzt das Ende.
* *
Daß Menschen einander betrügen, ist nichts neues und ge-schieht alle Tage. Darüber würde Betty hinweggekommen seinwie andere, vielleicht ein wenig schwerer, als dies allgemein derBrauch ist, da sie ihr Ein und Alles aus den Einzigen gesetzt hatte;indeß verachtete sie den Mann, welcher seine Jugend und Schön-heit an eine alte Frau des Wohllebens halber verkauft hatte, sosehr, daß ihn vergessen ihr nicht schwer däuchte. Aber eine andereErkenntniß drängte sich ihr auf: ihr war zu Muthe, als obvon ihrem geistigen Auge ein Schleier sänke und sie mit furcht-barer Klarheit in einen Abgrund schaute, den nichts auf Erdenmehr jemals würde überbrücken können. Ein betrogener Mannhat tausend Mittel in der Hand, sich zu rächen; er kann dieSchande eines schlechten Weibes an den Pranger stellen und desWeibes Ruf untergraben. Welche Rache aber steht dem allein-stehenden Mädchen zu Gebote? Und gleichzeitig drängte sichBetty die Frage auf: Würde irgendein Mann so gewissenlosan dir gehandelt haben, wenn dir ein Beschützer, ein Vater, einBruder zur Seite gestanden hätte? Würde er es dann auch ge-wagt haben, dich so schnöde zu belügen und zu täuschen?
In ihrer kleinen, armseligen Stube, auf den Knien liegendund die gerungenen Hände an das Gesicht gedrückt, kam sie zudem trostlosen Schlüsse, daß die Frau im Kampfe wider denMann ewig ohnmächtig bleiben würde. Ja, dachte sie mitbitterem Lächeln, ja, wenn der Mann edel, gerecht und groß-müthig veranlagt wäre, wenn überhaupt der Mann den Schwa-chen gegenüber es als seine heilige Pflicht erachtete, die Schwächezu ehren und zu schützen. Aber dem ist nicht so. Einem Mäd-chen vermag nichts den Blütenstaub des freudigen Vertrauens,der ersten, arglos gegebenen Küsse zurückzugeben, sie kann auchnicht als Klägerin auftreten, die Angst um ihren guten Ruf,die Furcht vor einem Skandal werden ihr immer unverbrüch-liches Schweigen auferlegen. Nie wird sie dem Manne gleichsein, denn was für ihn werthlos ist, wie etwa die Nachrede derLeute, ob man ihm eine Liebschaft nachsagen könne, ist für dasWeib alles. Ihr kann im Laufe der Zeiten die Möglichkeit ge-boten werden, sich alle Kenntnisse anzueignen und alle jene Plätzeeinzunehmen, welche heute nur dem Manne erreichbar sind;ihr Los wird sich deshalb nicht ändern. Die engen Grenzen,welche die Natur um sie herum gezogen hat, werden sich nichtniederreißen lassen; niemals wird sie dem Manne gleich sein,nicht nur, weil sie physisch schwächer, sondern auch, weil sie dazuverurtheilt ist, durch die Liebe in ewiger Abhängigkeit vom Mannezu bleiben. Ihre Schwäche, welche jedem Buben die Macht gibt,sie zu beleidigen und zu verletzen, wird stets nach einem Be-schützer verlangen, und das alleinstehende Weib, es mag nochso viel gelernt haben, wird, solange es jung und begehrenswert!)ist, stets von der Gnade des Mannes abhängig sein. Sie wird sichauch niemals rächen können, denn je inniger sie einen Mann ge-liebt, je mehr sie ihm gegeben, um so härter wird die Welt sierichten, und um so weniger werden die Menschen geneigt sein,mild über sie zu urtheilen. Nur der Tod versöhnt. Wenn dieVerrathene mit einem Selbstmorde aus der Welt geht, wird ihrName im Munde aller sein und durch alle öffentlichen Blättergeschleift und der Mann, der sie in den Tod getrieben, in sitt-licher Entrüstung gebrandmarkt werden. Auch diese öffentliche
Genugthuung, von welcher die Todte nichts weiß, wirdnichts anderes sein als das alte Lied in neuer Variation: derTriumphgesang von der Macht und der Unwiderstehlichkeit desMannes. Und ganz abgesehen von der Liebe: die Frau, demManne hinsichtlich des Rechtes auf Arbeit gleichgestellt, wirdvom Manne gehaßt sein; vermöge ihrer größeren Genügsamkeitund Bescheidenheit wird sie ihre Arbeit stets unter dem Preisehergeben und dadurch den Lohn des Mannes Herabdrücken. Undwenn sie auch alles gelernt hätte und wie ein Mann arbeitete,frei kann sie nun und nimmer werden, es müßten denn weib-liche Scheu und Zurückhaltung ganz verschwinden und aus denFrauen eine Schar Courtisanen werden, welche, ohne Rücksichtaus ihren Nus und ihr Geschlecht, so leben, wie es der Mannthut und thun dars. Dazu aber wird das echte Weib niemalsHerabsinken.
„Eine verlorene Sache!" dachte Betty. „Dieser ganze Eman-cipationskamps mag einen Broterwerb für uns bedeuten, wahreFreiheit aber könnte uns nur dann werden, wenn wir unsereSchwäche, unsere Abhängigkeit und Ohnmacht abzuschütteln ver-möchten; und weil die Natur dazu nein sagt, wird unser Lossich ewig gleich bleiben."
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Emil Marriot (Lmilie v. Mataja).
Verfasserin der vorstehenden Novelle.
VMM
2öer Emil Marriot's „Familie Hartenberg" gelesen hat,einen Roman, der die Lasterhaftigkeit und Verworfenheit der sogen,besseren Gesellschaft mit erschreckender Naturtreue und scharfpessimistischer Tendenz in packender Anschaulichkeit schildert: derkommt sicher nicht in Versuchung, die Autorschaft des mit männlicherKraft und Rückhaltlosigkeit geschriebenen Buches einer weiblichenFeder zuzuerkennen. Und dennoch verbirgt sich hinter dem Pseu-donym Emil Marriot eine Frau oder richtiger gesagt ein Fräu-lein, die Wienerin Emilie v. Mataja, das — ein Blick auf ihrPorträt beseitigt jeden Zweifel — noch in so jugendlichem Altersteht, daß man sich verwundert fragen muß, wie so tiefe Kenntnißdes menschlichen Herzens und der gesellschaftlichen Verderbniß, sokalter Pessimismus und so kühne naturalistische Darstellungskunstsich mit solcher Jugend paaren. Der Fall ist psychologisch um soräthselhafter, als Emilie v. Mataja's ganzes Dasein sich ohnebesondere Zwischenfkille im Elternhause in behaglichen bürgerlichenVerhältnissen abgespielt hat. Sie konnte sich ungestört und un-beeinflußt dem ihr angeborenen dichterischen Geftaltungsdrang hin-geben. Schon als zwölfjähriges Mädchen schrieb sie Gedichteund Tragödien. Ihrer frühzeitigen Beschäftigung mit Schopen-hauer verdankt sie die pessimistische Weltanschauung, die wie einrother Faden durch ihre ersten Arbeiten zieht, aber, wie es scheint,mit der zunehmenden Reife ihres Geistes einer weniger herbenund verbitterten Lebensauffassung zu weichen beginnt. Die unreifgedachten und mangelhaft ausgeführten Erstlinge ihrer Feder —Novellen und Skizzen — blieben unbeachtet in der Masse der Er-zeugnisse, welche jahraus jahrein in unversiegbarer Flut den litera-rischen Markt überschwemmen. Selbst die erste Arbeit in Buch-form „Egon Talmors" (1880) fiel ab. Fehlte ihren Gestaltenauch die scharfe Charakteristik, und machte sich auch die Phraseund der doktrinäre Pessimismus in ihr etwas allzu breit, so zeigtesie doch schon deutliche Spuren jenes eigenartigen Talentes, dasmit der „Familie Hartenberg" die allgemeine Anerkennung seinerBedeutung mit einem Schlage erringen sollte. Wesen und Werthdieses „Sittenbildes" von echtester wiener Lokalfarbe charakte-risirt Paul Heyse folgendermaßen: „Ein so entschiedener Wahr-heitsdrang den Problemen des wunderlichen Menschenlebens gegen-über, eine so schlichte und doch nicht cynische Rücksichtslosigkeitdes Ausdruckes, so viel gereifte und sichere Kraft der Darstellung— mir ist nie ein dichtendes Fräulein begegnet, das diese männ-lichen Gaben in so hohem Grade besessen hätte, ohne aus denSchranken ihres Geschlechtes herauszutreten. Es weht freilicheine herbe Luft in dem Buche, und die Zärtlinge werden sich da-durch unsanft berührt fühlen. Aber der Ueberschuß persönlicherKraft und künstlerischer Energie, die all diese peinlichen und un-erquicklichen Scenen überwiegt, hebt diesen Roman für mein Ge-fühl hoch aus der Masse der landläufigen pessimistischen undnaturalistischen Produktionen heraus, die sich mit der Photo-graphischen Schilderung der menschlichen Armseligkeit befassen."
Die Begabung Emil Marriot's beschränkt sich indeß nicht bloßaus die haarscharfe Schilderei von Menschen mit bösen Leiden-schaften, von unerquicklichen Verhältnissen und moralisch häß-lichem Getriebe auf dem Hintergründe einer pessimistischen Welt-anschauung, sie hat sich, es mag ihr im Anfange schwer genuggeworden sein, zu einer reineren, höheren und edleren Gestalten-sphäre emporgearbeitet, in der sie mit nicht geringerer künstleri-scher Meisterschaft ihren Stoff beherrscht. Sie hat sich derSchilderung reiner Menschlichkeit, edler Empfindungen und Theil-nahme erweckender Seelenkämpfe und Pflichtconflicte zugewendet.Ihre naturalistische Darstellungsgabe verleiht ihren Zeichnungenguter und sympathischer Menschen einen erhöhten Reiz und der
Durchführung ihrer Probleme einen bis zur vollsten Glaubwürdig-keit und inneren Wahrheit gesteigerten psychologischen Gehalt. DieNovellen „Der geistliche Tod", .Auublisnia sib" und „Johannes"sind die Ergebnisse dieser neuen Richtung, die bei ihr unter demEindrucke der gewaltigen Alpennatur Tirols und durch den Ver-kehr mit dem naivgläubigen Volke dieses von den Strömungendes Zeitgeistes noch nicht erfaßten Landes entstand. Die Heldendieser Erzählungen sind Priester, und die Handlung dreht sich umden Cölibat. Mit Unrecht sieht man in ihnen einen Angriff ausdieje kirchliche Institution, auf die katholische Kirche und ihreDiener. Emil Marriot will nur gegen jeden Berufszwang alssolchen zu Felde ziehen und die fürchterlichen Eonsequenzen aus-malen, welche ein solcher zur Folge haben kann und in der Thatoft genug hat.
Emil Marriot steht erst am Anfang ihrer dichterischen Lauf-bahn; die bisherigen Leistungen der hochbegabten und hochstrebendenNaturalistin geben der begründeten Hoffnung Raum, daß wir vonihr noch reichere und glänzendere Gaben erwarten dürfen.
— Die archäologischen und botanischen Werke sind gewöhnlich nuofür die Fachgelehrten geschrieben und haben nur für diese Interesse,während sie den Laien und vollends der Frauenwelt meistentheilsals eine äußerst trockene, ungenießbare Lectüre erscheinen. Um soangenehmer muß es überraschen, wenn ein demnächst zur Herausgabegelangendes Buch von Franz Woenig über: „Die Pflanzen im altenAegypten", das Ergebniß zehnjähriger fleißiger Studien des Autors,nicht allein höchst werthvolle Aufschlüsse in wissenschaftlicher Be-ziehung gibt, sondern dieselben auch in so anziehender Weise vor-zutragen versteht, daß jede gebildete Dame mit Vergnügen dasvon vielen interessanten Mythen und Schilderungen durchwobeneund mit zahlreichen Illustrationen geschmückte Buch zur Hand-nehmen wird. Zum Beweise, daß dieses Lob ein wohlverdientesist, lassen wir einige Stellen aus dem Werke folgen: „Unter denRepräsentanten der ägyptischen Flora", sagt der Autor unter-anderem, „sind es hervorragend zwei Eharakterpflanzen, die alleWandlungen der Cultur Jahrtausende hindurch überdauert haben:Lotus und Papyrus, die heiligen Blumen des Nils. Der Lotus,welcher aus den stillen spiegelnden Fluten des breiten majestätischenStromes seine Blätterteller und Blüten entfaltet, harmonirt soganz mit dem Charakter der imponirenden feierlichen Ruhe desalten Wunderlandes. Nil und Lotus sind in Mythe und Poesiezu einem unzertrennlichen idealen Gedanken verschmolzen und sindin Wahrheit auch unzertrennlich, denn wenn der Nil zu schwellenbeginnt, erwacht der Lotus im tiefen Grunde zum Leben; wennder Strom seinen Segen spendet, steht die Pflanze in voller Blüte,und wenn der Strom allmählich zu sinken beginnt, stirbt sie lang-sam ab. . .. In welcher Ausdehnung und Ueppigkeit einst derNymphäenflor im Nil aufgetreten ist, künden unzählige Abbil-dungen auf und in allen Werken der ägyptischen Kunst. Immerfinden wir dieses Symbol der höchsten Gottheiten in reicher Füllevor, an tausend und abertausend Gebilden der Architektur, Malerei,Sculptur und den verschiedensten Erzeugnissen des Kunstfleißeserkennt man, daß der Lotus als Sinnbild der Fruchtbarkeit undunvergänglichen Naturkraft die höchste Verehrung genoß und demreligiösen Cult, der Kunst und dem socialen Leben der Aegypterden eigenartigen Schmuck, die Weihe und ideale Schönheit verlieh."— Weiterhin heißt es: „War der Bedarf an Lotus, den die gottes-dienstlichen Funktionen im Pharaonenreich forderten, schon ein sehrstarker, so wurde derselbe noch enorm gesteigert durch die mannig-fachste Verwendung im geselligen Leben des Volkes. Wie bei unsfeit alter Zeit die Rose, so blieb in Aegypten Jahrtausende hindurchder Lotus die Königin der Blumen. Ihr Bild gilt unter denHieroglyphen als Determinativum der Freude und des Vergnügens,und Auszüge, Volksfeste, öffentliche und private Festlichkeiten ohne-den Blumenschmuck des Lotus waren eben gar nicht denkbar. Manverkaufte die Blüten aus den Straßen und Märkten, pflegte siein Kübeln und Thongefäßen, stellte sie als Zimmerschmuck inzierlichen Vasen auf und erfreute sich an ihren lichten Farbenund dem zarten zimmtartigen Geruch. Lotusblumen waren dasbevorzugte Geschenk der Liebenden. Es galt als Zeichen feinerSitte, nicht nur bei großen öffentlichen Festlichkeiten, sondern auchin Privatgesellschaften mit einer Lotusblüte in der Hand zu er-scheinen. Auch da, wo uns die altägyptischen Künstler das heiteregesellige Leben ihres Volkes zur Anschauung bringen, beobachtenwir, wie die zierlichen Ständer und Blumentische, die Vasen,Schalen und Weinkrüge mit langgestielten Lotusblüten undKnospen umwunden werken. Sklaven und Sklavinnen überreichenden eintretenden Gästen als Zeichen des Willkommens eine einzelneBlume oder einen Blütenstrauß. Der Lotus schmückt bei den Gaste-reien jede Tafel. So figurenreich auch von den Künstlern dieScenen über Gelage, Fest und Spiel componirt sind; keinem derGäste fehlt in der Hand die Lotusblüte, die er graziös an dieNase führt. Nach herrschender Sitte durfte die Blume währendder Unterhaltung nicht entfernt werden, wurde aber zeitweilig vonden Dienern durch eine frischere, duftvollere von dem auf großenStändern aufgeschichteten Vorrath ersetzt." Abbildungen des weißenund blaublühenden Lotus sowie Darstellungen alter in Theben undKarnak aufgefundener Gemälde und Reliefs geben die nöthigenErläuterungen zu diesen und ähnlichen Mittheilungen.
— Blumen und Lieder — welch unmuthigere Gabe ließe sich wolder sinnigen Frauenwelt darbringen? Selten findet man aberbeide in so herzerfreuender Weise vereinigt wie in dem bei Meißner
u. Buch in Leipzig soeben erschienenen Prachtwerk „Blüten derdeutschen Heimat", gemalt von Rose Qßmann, geb. Freun
v. Beust, mit Poesien von Frida Schanz. Hier haben sich zweiebenbürtige Talente zusammengefunden, um etwas wahrhaftschönes zu schaffen, das für Auge und Geist gleiche Erfrischungbietet. Zu den zwölf Blättern mit entzückend zusammengestelltenBlütensträußen, welche in meisterhafter Chromolithographie wieder-gegeben sind, hat Frida Schanz zwölf ebenso reizende Gedichteverfaßt, zart und duftig wie die Blumen, welche sie besingen.Wir greifen aufs Gerathewohl eins derselben heraus, welcheseinem herbstlichen Bouquet von Rosen, Reseda und wildenWeittranken gilt:
„Ueber der Tage herbstlicher HelleSchwebt es zitternd in blauer Luft,
Schwimmt es daher auf des Windes WelleWie Reseda- und Rosenduft!
Wie, vom schmelzenden Hauch geküßt.
Das Erinnern mir wach geworden! —
Daß ich heut zu der Heimat BordenNoch die Pfade zu finden müßt'!
Eh' am Gesteine die Ranken sich färben.
Ehe der Reif noch die Blüten umwebt.
Ehe die Rosen, die leuchtenden, sterben,
Ehe der Winter mein Eden begräbt!"
— Cultur» die alle Welt beleckt, beginnt sich jetzt sogar schon inbedenklicher Weise auf die Rothhäute zu erstrecken, und man liestin einer zu Portland im Staate Oregon erscheinenden Zeitung;„Eine feierliche öffentliche Prüfung hat neulich in der Indianer-schule zu Salem stattgefunden, und von den Kindern der Wildniß,die bei ihrem Eintritt in die Schule keiner anderen Sprache alsihrer eigenen Gutturallaute mächtig waren, hat fast jedes nachfünfjähriger Schulzeit hochtönende phrasenhafte Aufsätze und-Reden in bestem Englisch von sich gegeben. Die rothen jungenDamen ließen sich sogar auf dem Klavier hören, und eine derselbentrug das so viel geleierte Salonstück „krtörs st'nns viorxo" vor,auch Sologesänge, Duette und Quartette wechselten miteinanderab, und die Vortragenden wie ihre Lehrer schienen nicht wenigstolz auf diese Erfolge zu sein."