Cairo, den 24. Nov. 1855.bis 26. D.Ich bitte dich entweder selbst, oder durch Emilie meine [l. Leute] von Prag, und Primiero meinWohlsage, u[unleserlich] Erinnerung mitzutheilen.Liebste Lotti!Wie ich dir neulich aus Alexandrien schrieb, reisten wir am Mittwochden 21. von dort ab, und gelangten am 22. um 3 Uhr Morgens wohlbe-halten hier an. Die Reise fand bis zum Nil per Eisenbahn, dannper Dampfbot statt, und war daher ganz bequem, zumal imganzen Lande für alle unsere Bedürfniße mit wahrhaft köni-glicher Manificenz gesorgt ist. Wenn nicht die Entfernungvon Euch wäre, kann ich es wohl sagen, daß ich mich in diesemLande der Geschichte, unter diesem heiteren Himmel und mildemClima, beständig beschäftiget oder in gespannter Aufmerksam-keit, ganz glüklich fühle- dabei der herrlichsten Gesundheitmich erfreue, und die tausend Aufmerksamkeiten die mir indiesem Welttheil sey es durch meine europäische Umgebung, odersey es durch die hiesigen Machthaber zu Theil werden, triefenwohlthätigen Balsam auf die tiefe, schmerzliche Wunde, die mir,so höchst unverdient, in der Heimath geschlagen wurde.Die Eisenbahn von Alexandrien ab, läuft zuerst zwischen demMareotis, und dem mittelländischen Meer paralel mitdem Mahamude-Canal hin, und läßt die, durch Dattelpal-men, Bananen, Orangen, und Citronenbäume umschattetenLandhäuser reicher Alexandriner links liegen. Sie durch-schneidet zunächst einige Sümpfe, tritt dann in üppige, mitBaumwollpflanzen blühende [Fluren], und neben erdbebau-ten arabischen Dörfern in das berühmte Nilldeltha, wo unzähligewild aber malerisch aussehende Menschen bald mit Einsammeln,bald mit Saamen ausstreuen, bald mit Zukerrohr beladenbeschäftiget sind. Die Dörfer sind aus Lehm gebaut u. ohne Dach,daher haben sie das Aussehen von ausgebrannten Dörfern.
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