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Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Dritter Band
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DIE WAFFEN-INDUSTRIE IN OESTERREICH.

egünstigt durch den grossen Reichthum an Eisenerzen und die schon seit den Zeiten der Römer in den österreichischen Alpenländern blühende Eisenproduction, entwickelte sich be­reits im Mittelalter eine Art Industrie in der Herstellung von Hieb- und Stichwaffen, sowie in Eisenrüstungen für Mann und Ross in den heute zur Krone Oesterreichs gehörigen Landen. Die Erzeugung der Schwerter, Lanzen und Spiesse, sowie der Schilde und Panzer lag ausschliesslich in den Händen der Waffenschmiede, welche in den festen Städten ihren Sitz hatten und eine sehr geachtete Zunft bildeten. Obwohl nun eigentlich jeder einzelne Waffenschmied seine Erzeugnisse den besonderen Wünschen seiner Auftraggeber anpassen musste, wodurch, je nach dem Grade der Vollendung und künstlerischen Ausführung der Waffe, eine grosse Verschiedenheit der Typen entstand, so war man in diesem Handwerke schon frühzeitig bemüht, für die damaligen Söldnerheere eine gewisse Gleichheit in der Form der Waffen einzuhalten, um bei plötzlich eintretendem Massenbedarfe an Waffen eine Theilung der Arbeit, das Charakteristikon der heutigen Fabricationsweise, in Anwendung bringen zu können.

Die Herstellung der damaligen Fern Waffen, des Bogens und der Armbrust, geschah schon früh­zeitig unter Anwendung der Arbeitstheilung, es gab Bogenschnitzer (Bogner, denen die Bognergasse in Wien den Namen verdankt), Pfeilschmiede, Pfeilschäfter, Windenmacher (für die Spannvorrichtung der Armbrust), und heute findet man in den verschiedenen Museen (Wien, Salzburg etc.) noch Tausende von Armbrustbolzen (Pfeilen), die in Länge und Gewicht, Befiederung etc. so genau übereinstimmen, dass eine fabriksmässige Herstellungsweise daran unverkennbar ist.

Durch die Einführung des Schiesspulvers und namentlich durch das im 15. Jahrhundert nach und nach ausgebildete Flandfeuergewehr mit Luntenschloss entstand ein neues Gewerbe, jenes der Büchsen­macher, und für die Herstellung der Büchsenläufe wurden in den Eisen erzeugenden Gegenden die soeenannten Rohrschmieden errichtet. Die Kunst des Rohrschmiedens wurde nach den österreichischen Alpenländern durch die Wallonen gebracht. Das durch die Anbringung des Nürnberger Radschlosses zu einer ziemlich vollkommenen Kriegswaffe ausgebildete Handfeuergewehr wurde seit der Mitte des 16. Jahrhunderts zur Hauptwaffe für die regulären Truppen zu Fuss und zu Pferd, und bei dem ver­hältnismässig grossen Bedarfe an gleichartigen und möglichst gleichcalibrigen Schusswaffen für die Truppen bildete sich die Büchsenmacherei, namentlich während des dreissigjährigen Krieges, immer mehr in der Richtung fabriksmässiger Erzeugung, allerdings mit Handarbeit, aus.

Weeen reeelmässieer, sicherer Beschaffung der benöthigten Handfeuerwaffen wurden in allen Staaten militärische Büchsenmacherwerkstätten in den Zeughäusern errichtet und darin die Massen-

Die Gross-Industrie. IH.

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