wurde. Die Leistungsfähigkeit Ferlachs erreichte zu Beginn dieses Jahrhunderts eine so bedeutende Höhe, dass dort, nebst einer grossen Menge Waffen für Jagdzwecke, vom Jahre 1800—1815 über Soo.ooo Gewehre für die österreichische Armee erzeugt und geliefert wurden und weiland Se. Majestät Kaiser Franz I. sich 1807 bewogen fand, Ferlach mit seinem Besuche auszuzeichnen. Leider dauerten die Zeiten gewinnreicher Thätigkeit nicht lange; mit dem Aufhören der Gewehrbestellungen für die k. k. Armee trat ein Stillstand in der Ferlacher Industrie ein, und die kleinen Meister waren gezwungen, sich auf die Massenherstellung billiger Gewehre für den Export nach dem Orient einzurichten. Aus den bisherigen Vertretern der Innung, welche als Lieferanten dem Aerar gegenüber die Haftung für die ärarischen Lieferungen getragen hatten, wurden selbständige Unternehmer, mehr Kaufleute als Fabrikanten; diese beschäftigten nun die kleinen Meister und selbständigen Arbeiter, ohne bindende Verpflichtungen einzugehen, und dadurch kamen die letzteren immer mehr in Abhängigkeit von diesen Unternehmern. Die Preise für die Handelswaare waren derart herabgedrückt, dass Meister und Arbeiter knapp zu leben hatten, und es ist begreiflich, dass bei solchen Schleuderpreisen auch Unsolidität der Producte einreissen musste. Allerdings behaupteten die Ferlacher Händler und Meister durch die niedrigen Preise den Markt namentlich in Ungarn, den Donauländern und im Orient. In dem Maasse jedoch, als die Gewehrfabri- cation nach und nach auf Maschinenarbeit begründet wurde, musste das Handwerk dem maschinellen Betriebe gegenüber immer mehr in Noth gerathen. Hiezu kamen noch Ausfuhrverbote, die den Export mehr oder weniger sperrten, was alles für die Ferlacher Industrie viel Elend im Gefolge hatte.
Der glorreichen Regierung unseres Kaisers verdankt Ferlach jene Hilfe, welche ihm durch die Errichtung einer k. k. Fachschule für Gewehr-Industrie und der k. k. Probiranstalt für Handfeuerwaffen zutheil wurde. Durch diese im Jahre 1878 errichtete Anstalt war Ferlach ein Mittel gegeben, dass seine heranwachsende Generation in die moderne Waffenerzeugung eingeführt werde, und die im Jahre 1882 eröffnete staatliche Probiranstalt hob das Vertrauen in die Ferlacher Erzeugnisse. Heute stehen die Erzeugnisse Ferlachs in hohem Ansehen, dank der unermüdlichen Thätigkeit der vorerwähnten Fachschule und der durch sie eingeführten modernen Erzeugungsweise mit maschinellem Betriebe (ein Verdienst des unermüdlichen Directors der k. k. Fachschule und Probiranstalt in Ferlach, Gustav v. Schatzl), und die Zeit dürfte nicht mehr ferne sein, wo der früher massenhafte Import Lütticher und deutscher Jagdgewehre nach Oesterreich-Ungarn den vollendeten Erzeugnissen Ferlachs nicht mehr standhalten kann.
Für die Bewaffnung der k. u. k. Armee lieferte Ferlach vom Jahre 1856 —1866 über 50.000 Vorderladegewehre System Lorenz und war auch bei der Transformation dieser Waffen (im Jahre 1867—1868) auf Hinterladegewehre System Wänzel mit über 20.000 Stück betheiligt. Bei der Erzeugung der österreichischen Repetirgewehre Modell 1888 erhielt Ferlach von der Waffenfabrik Steyr einen Auftrag auf mehr als 200.000 Garniturtheile, welche Arbeit innerhalb eines Jahres vollkommen befriedigend bewerkstelligt wurde.
Um schliesslich eine Uebersicht über die Herstellung der Privatwaffen in Ferlach zu gewinnen, sei hier erwähnt, dass nach dem Ausweise der dortigen k. k. Probiranstalt der letzteren von den Ferlacher Meistern vom Jahre 1887—1896 185.279 einfache Läufe, 88.627 Doppelläufe und 91.745 fertige Feuerwaffen zur officiellen Erprobung übergeben wurden.
In Böhmen, welches eine Fülle der grossartigsten herrschaftlichen Jagdgebiete besitzt, entwickelte sich die Herstellung der Waffen für Jagdzwecke bereits im 16. Jahrhundert. Die bedeutendsten Erzeugungsstätten für Jagdgewehre in Böhmen waren die Hauptstadt Prag, dann Weipert in Nordböhmen. In Prag waren es renommirte Büchsenmacher, wie Brandeis, Lebeda, Nowotny, deren Jagdgewehre in Cavalierkreisen des In- und Auslandes einen ausgezeichneten Ruf genossen und namentlich in bedeutender Zahl für russische Herrschaften geliefert wurden.
In Weipert war die Büchsenmacherei eine Art Haus-Industrie, ähnlich wie in Ferlach, nur nicht in so ausgedehntem Maasse; die Jagdwaffen der Weiperter Fabrikanten sind, sowie früher auch heute noch, wegen der äusserst soliden und eleganten Arbeit weit über die Grenzen Oesterreichs gekannt und geschätzt.
Für die Herstellung von Kriegswaffen effectuirten die Weiperter Industriellen bedeutende Quantitäten von Gewehrtheilen (Schlösser, Ringe, Griffbügel) sowohl an das k. k. Arsenal als auch an die
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