fabrik Steyr im Vereine mit dem k. u. k. Militärcomite die Versuche zur Reduction des Calibers fort, und im Sommer 1887 entschied sich die österreichische Kriegsverwaltung zur Auflassung des bisherigen Calibers von 11 mm und zur Annahme von 8 mm als Calibermaass, so dass also auch die laufende Bestellung in 8 mm Caliber auszuführen war.

Die strengen Anforderungen, welche an die Präcision der neuen Waffe gestellt wurden, machten selbstverständlich die Vermehrung der Werkmittel durch Construction und Anschaffung zahlreicher Maschinen und Vorrichtungen von grösster Vollkommenheit nothwendig; ebenso mussten neue Fabriksgebäude er­richtet und Dampfmaschinen und Turbinen angeschafft werden. Die Specialmaschinen für die Gewehr­theile wurden um mehr als 1200 vermehrt. Dank dieser energischen Vermehrung der Mittel konnten bis zu 14.000 completer Repetirgewehre wöchentlich hergestellt werden.

Im Jahre 1889 acceptirte die deutsche Kriegsverwaltung ein neues Magazingewehr von 79 mm Caliber mit Kolben Verschluss und Repetirvorrichtung, System Mannlicher. Zu dieser Neubewaffnung der deutschen Armee wurde auch diesmal die Waffenfabrik in Steyr mit herangezogen, und es wurden für dieselbe in den Jahren 1889 un d 1890 306.500 complete Repetirgewehre in Steyr erzeugt.

Die Massenfabrication der Repetirgewehre bildet eine neue Epoche in der Waffen-Industrie, und ist es in Europa gerade den Steyrer Etablissements beschieden gewesen, diese Fabrication auf jene Höhe der Vollkommenheit zu bringen, welche diesen Industriezweig heute auszeichnet.

Von einem schweren Schlage wurde die Steyrer Waffenfabrik im Jahre 1889 getroffen; eine kurze, tückische Krankheit raffte den genialen Schöpfer der Waffenfabrik, den unvergesslichen General-Director Josef Werndl dahin. Mitten in der grossartigsten Thätigkeit, während sein Streben vom vollsten Erfolge gekrönt war, schloss der schaffensfreudige Mann am 29. April 1889 seine Augen für immer.

Nach dem Hinscheiden Werndls wurde aus dem Verwaltungsrathe der Oesterreichischen Waffen- fabriks-Gesellschaft ein dreigliedriges Executivcomite gewählt, welches die oberste Leitung der Waffen­fabrik, sowie den Verkehr mit den Auftraggebern übernahm. Zum technischen Director der Fabrik wurde der bisherige verdienstvolle Inspector Anton Spitalsky ernannt.

Ein Jahr nach diesen Ereignissen erreichte die Thätigkeit der Waffenfabrik den Culminationspunkt ihrer Leistungen; der Stand der Arbeiter in den Etablissements zu Steyr, Letten und der Wiener Filiale belief sich 1891 auf rund 10.000, und die Zahl der in einem Monate erzeugten und gelieferten completen Gewehre betrug 56.000 Stück, noch dazu nach zwei verschiedenen Modellen. Gleichzeitig bestellte das ungarische Honvddministerium infolge der Nichteinhaltung der Termine seitens der neuen ungarischen Waffenfabrik zu Budapest den ersten Bedarf an neuen Gewehren für die Honveds.

Der Krieg in Chile brachte den Steyrer Werken ebenfalls namhafte Aufträge.

Seit Beginn der Reduction des Calibers bei den Kriegswaffen von 11 mm auf 8 mm war man in Steyr eifrig bemüht, die ballistischen Vortheile des Kleincalibers durch weitere Reduction des letzteren auf das praktisch zulässige Maass möglichst auszunützen. Die Resultate der einschlägigen Versuche führten zur Construction eines Laufes von 6 - 5 mm Caliber und Ausgestaltung des Repetirgewehres Modell 1892. Dieses Modell wurde mit geringen Abweichungen im Verschluss und Repetirmechanismus die Grundtype für die Neubewaffnung Italiens, Rumäniens und Hollands, wobei stets die geniale Paquet- ladung v. Mannlichers zur Verwendung kam.

Ueber die Ausdehnung und Leistung der Steyrer Waffenfabrik mögen nachstehende kurze Daten ein beiläufiges Bild geben:

Die Gesammtzahl der Fabriksgebäude in den Werken zu Steyr und Letten beträgt xoo, welche einen Flächenraum von rund 43.000 m 2 einnehmen und gegen 6000 Werkzeug-, Special- und Schmied­maschinen, Hämmer, Pressen, Gebläse etc. enthalten, zu deren Inbetriebsetzung 5 Turbinen, 12 Wasser­räder, 9 stabile Dampfmaschinen, i 3 Locomobile, 2 Gaskraftmaschinen, 19 Elektromotoren mit zusammen 2600 HP dienen. Die Gesammtlänge der Transmissionen beträgt rund 4000 m.

Die Gesammtziffer der bis Ende 1897 in den Werken der Oesterreichischen Waffenfabriks-Gesell- schaft erzeugten completen Gewehre und Carabiner beträgt mehr als 4O6 Millionen, wozu noch x 15 Mi- trailleusen, mehrere Millionen Reserve- und Ersatztheile, Bajonnete, Lanzen und Gewehrbeschlägstheile, sowie Gewehrschäfte kommen.

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