J. Jauernig in Wilhelmsburg, Gebrüder Schmitt in Krems und J. Poeschl in Rohrbach gegebenen Beispiele hierin folgten, indem sie nicht nur begriffen, sondern auch praktisch demonstrirten, dass besseren Qualitäten in Leder selbst die ermässigten Zollsätze gegen Deutschland nichts anhaben konnten.

Die Sohllederfabrication, soweit selbe die Knoppernterzen anbelangt, blieb zwar von dieser durch die geänderten Zollverhältnisse ausgehenden Bewegung unberührt, empfindlicher wurde diese jedoch den Erzeugern von Fichtensohlleder in Böhmen. Die Knoppernterzen, in welchen sich die Sohllederfabrication immer mehr concentrirte, hatten als specifisch österreichische Sorte einen zu starken Rückhalt in der Gewohnheit des Consums, namentlich bei den Militärlieferungen, wo selbe zur Bedingung gemacht waren. Die Terzengerber fanden demnach wenig Veranlassung, ihren Betrieb zu ändern oder zu verbessern, nachdem an sie eine Concurrenz von aussen nicht herantrat, der bisherige Betrieb anständige Gewinne abwarf, und weil die Methode der Terzengerbung bei halbwegs vernünftigem Vorgehen ein sehr bequemes, nicht vielen und nicht besonders störenden Zufälligkeiten ausgesetztes Verfahren ist. Die von Adolf und später von Franz Schmitt in Krems eingeführte und propagirte Fabrication von Eichensohl­leder nach rheinischer Art fand leider weder damals noch später Nachahmung. Auch die Gerbung der Kalbfelle und Kuhoberleder mit Zuhilfenahme von Eichenrinde fand bei dem Gros der Gerber wenig Anklang, dasselbe blieb bei der Fichtengerbung und acceptirte nur eine bessere Zurichtung, welche von dem Engländer Ableton in Wien eingeführt und von dessen Schüler Lichtenberg weiterverbreitet wurde. Um diese Zeit wurde auch die Erzeugung des Lackleders mittelst Ofentrocknung, nachdem diese Methode von Gasteiger in Graz bereits einige Zeit ausgeübt wurde, in einigen grösseren Eta­blissements, und zwar von Pollak in Tirolka bei Prag, Rieckh in Graz, Goldschmidt in Prag ein­geführt und diesem Artikel grössere Aufmerksamkeit zugewendet. Auch die erste Einfuhr von ost­indischem Ziegenleder fällt in die Zeitperiode 1850 bis 1860. Von diesem in Ostindien gegerbten Leder kam ursprünglich eine Bastardsorte, hervorgegangen aus Schaf und Ziege, unter der Bezeichnung Mixt breed nach Oesterreich, welches Halbfabrikat zuerst von Winter in viel feinerer Weise, als es bisher mit dem aus der Türkei bezogenen Bockleder (Asmahbock) geschah, für Schuhleder zugerichtet wurde. Im Jahre 1854 wurden von Friedr. Suess die ersten ostindischen Ziegenfelle aus London nach Wien gebracht und zugerichtet. Der Artikel fand als Oberleder starken Anklang, und dessen Zurichtung und Bearbeitung nahm zuerst in Fellfärbereien, dann aber nach und nach in eigenen Zurichtetablissements grosse Dimensionen an, so dass derselbe eine österreichische Specialität von Weltruf wurde. Grosse Verdienste um die Vervollkommnung dieser Ledersorte haben sich Hermann Gerhardus, Hassek & Hofmann und J. Foges, sämmtlich in Wien, erworben. Infolge des Aufschwunges dieses Artikels gieng die Zurichtung der türkischen Bockleder für Röhrenstiefel, die in Linz schwunghaft betrieben wurde, ein. Der grosse Bedarf an Leder für Militärausrüstung, welcher sich in den Fünfzigerjahren infolge der Lieferung an die ottomanische Regierung während des Krimkrieges (18541856), dann für den Feld­zug in Italien 1859 einstellte, gab Veranlassung zu namhaften Vergrösserungen einer Anzahl von Gerbe­reien, bei welcher Gelegenheit auch die neue Einrichtung nach modernem Stil erfolgte, womit nun der Beginn des Ueberganges der Gerberei von handwerksmässigem zum Fabriksbetrieb eingeleitet und zugleich auch mit der Benützung der Dampfkraft begonnen wurde. Die erste Dampfmaschine stellte 1858

Jos. Seykora in Adler-Kosteletz auf, welche dann in den folgenden Jahren nach und nach in anderen Gerbereien Nachfolge fand.

In der Periode von 1860 bis 1870 nahm die Umwandlung des handwerksmässigen in den Fabriks­betrieb einen, wenn auch mässigen, so doch progressiven Verlauf; die Anwendung der Dampfkraft und damit auch die von Maschinen, wie der Walkfässer und Lederspaltmaschine (1866 bei Carl Budischowsky), steigerte sich, und infolgedessen stieg auch das Productionsquantum solcher Gerbereien. An neuen Artikeln traten in dieser Zeit die schwarzgewichsten Kalbfelle auf, deren Erzeugung von A. H. Suess & Söhne und Franz Schmitt in Krems aufgenommen wurde; selbe waren grösstentheils für den Export nach Amerika bestimmt. Weiters begann die Zurichtung der Spaltleder durch L. B. Goldschmidt in Prag, dann die Zurichtung des echten Juchtenleders für feine Galanteriewaaren, und auch die Herstellung von Imitationen desselben aus heimischem Leder; die Zurichtung des echten und imitirten Juchtens wurde zumeist in den Wiener Fellfärbereien ausgeführt, welche auch schon Leder für Taschner- und Galanteriezwecke

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