4
sich einigen, muss die grossen Interessen der Menschheit betreffen und die Abhilfe für ein allgemeines tiefgefühltes Bedürfnis bezwecken. Diese Ansiebt rechtfertigt sich vollkommen, denn es handelt sich um den wichtigsten Cultur-Fortschritt der Gegenwart, um eine grosse geschichtliche Thatsache, welche unsere Zeit zu dem Ausgangspuncte einer neuen Ara der materiellen Entwiekelung, der Ausbreitung der Civilisation und der allgemeinen Wohlfahrt stempeln wird!). Eine solche Frage, welche überdies im engsten Zusammenhänge mit der gedeihlichen Ausbildung unseres Vaterlandes steht, verdient auch in Ihrem Schoosse zur Erörterung gebracht zu werden, und ich folge gern der Anregung Ihres Herrn Präsidenten, indem ich mir erlaube, die nachstehenden Betrachtungen, welche zunächst auf den österreichischen, oder richtiger ausgedrückt, auf den mitteleuropäischen Charakter der Frage Bezug nehmen, Ihnen vorzutragen.
Gleichwie die organischen Gebilde gewisser eigenthümlicher Zustände der Atmosphäre und des Bodens bedürfen, um zu gedeihen, so müssen für die Ideen, sollen sie zur fruchtbringenden That reifen, die ihrer Entwickelung günstigen Verhältnisse eintreten — es muss in der Stufenfolge der menschlichen Ausbildung jener Punct erreicht sein, wo der Funke zündet und das weithin leuchtende Feuer allgemeiner Theilnahme, ja der in die Massen dringenden Begeisterung anfacht. Ohne diese Voraussetzung mag die Idee ein Gegenstand abstracter Beleuchtung oder gelehrter Erörterung werden; für das Culturleben der Menschheit aber bleibt sie ein todterKeim. So erging es der Frage über die Vereinigung des Mittelmeeres mit dem arabischen Meerbusen. Seit 2b, ja wahrscheinlich seit 37 Jahrhunderten nimmt sie in jeder Epoche der Culturgeschichte ihren ständigen Platz ein. In der Zeit der Blüthe Ägyptens zur theil weisen Lösung gebracht, verschwand sie unter der rohen Herrschaft der islamitischen Völker gänzlich und blieb, als sie später von Gelehrten zur Sprache gebracht wurde, ohne Anklang. Kaiser Napoleon I., das grösste Genie der
O Petermann, Mittheilungen aus dem Gebiete der Geographie 1835, S. 364, sagt hierüber: „Wenn es möglich wäre, eine Brücke von Calais nach Dover oder gar von Europa nach Amerika zu schlagen, so würde das auf den Weltverkehr und die Machtstellung der Völker der Erde bei weitem nicht den Einfluss haben, als die Zerstörung der Brücke des schmalen terrestrischen Bandes, welches Asien mit Afrika verbindet. Denn für den grossen Weltverkehr sind die Meere und Meerengen unsere Brücken, sie allein bringen die Continente näher zusammen und stellen die rasche Inter-Communication fern wohnender Völker her.“