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Über die Durchstechnung der Landenge von Suez : Vortrag gehalten in der Sitzung der philosophische-historischen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften vom 8. Jänner 1858 / Karl von Czörnig
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Veranschlagungen der Schifffahrtsbewegung mit besonnener Sorgfalt angestellt wurden, beweist die Thatsache, dass die Wirklichkeit ihnen bereits vorangeeilt ist. Man berechnete die jährliche Zunahme der britischen Schifffahrt auf 100.000 Tonnen, und sie stellt sich schon jetzt weit höher *); man setzte die Eröffnung des Canals auf das Jahr 1861 und wird dieselbe wohl noch um einige Jahre hinaus­rücken müssen. Man nahm die gegenwärtig bestehenden Verkehrs­verbindungen zum Anhaltspuncte und konnte jenen Antheil an dem Verkehre nicht berücksichtigen, welcher sich erst in Folge des Bestandes des Suez-Canals, wie der Küstenhandel im arabischen Golf, bilden wird. Immerhin aber zeigt die Gesammtauffassung der Ver­hältnisse, dass es dem Canale, wenn er eröffnet sein wird, am Ver­kehr nicht fehlen, und dass der alljährlich anwachsende Verkehr auch auf den Ertrag günstig rückwirken wird.

Es drängt sich zunächst hier die Frage auf, welche Folgen die Eröffnung des Seecanals von Suez für den Verkehr nach sich ziehen werde? Die nächste und unmittelbarste wird in der Belebung und dem noch gar nicht zu berechnenden Aufschwünge des ostindisch­chinesischen Handels gesucht werden müssen. Der Handel mit Ostindien war einst gleichbedeutend mit dem Weltverkehre, die Cul- turvölker des Abendlandes betrachteten ihn seit den ältesten Zeiten als eine Quelle der Macht und des Reichthums. Der Gewinn an diesem Handel ist der rothe Faden welcher sich durch die Geschichte von Jahrtausenden hindurchzieht, und es gibt fast keine Periode der Völ­ker- und der Culturgeschichte, in welcher der indische Handel nicht massgebend auf die Begebenheiten ein wirkte. Die Phönizier, das grösste See- und Handelsvolk der alten Welt, wurden nur reich und mächtig durch denVerkehr mit arabischen und indischen Gütern, und die kolossalen Städtebildungen von Assyrien und Babylon verschlangen

i ) Die in den zehn Jahren 18461836 im vereinigten Königreiche gebauten und registrirten Schiffe belaufen sich auf 8.431 Schiffe mit 1,803.033 Tonnen, oder im jährlichen Durchschnitte auf 180.000 Tonnen. Im Durchschnitte der drei Jahre 1834, 1833 und 1836 beträgt die Tonnenzahl der im Königreiche und in den Colonien gebauten und registrirten Schiffe 434.799 Tonnen (wovon 182.341 Tonnen auf die Colonien und 233.238 Tonnen auf das vereinigte Königreich ent­fallen). Hiervon sind indess die jährlich durch Schiffbruch oder Abbruch ausser Verwendung tretenden Schiffe abzuziehen, welche durchschnittlich an 200.000 Tonnen betragen, so dass die wirkliche Zunahme der britischen Schiffe in den letzten drei Jahren sich jährlich auf ungefähr 230.000 Tonnen stellen dürfte.