Nähterinnen im Allgemeinen.
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für etwaige Krankheitsfälle (und ein böser Finger ist in diesem Falle schon eine ernste Krankheit) zurückzulegen vermöge?—Verfasser (Herr Neclam) könnte aus seiner Beobachtung als „Polizeiarzt" herzzerreißende Schilderungen über das unsägliche geistige und materielle Elend derjenigen Arbeiterinnen geben, welche in weiblicher Handarbeit ihre Erwerbsquelle zu suchen gezwungen sind." — —
Der genannte Schriftsteller giebt dann auch ein Hülfsmittel an, das unsern ganzen Beifall findet, und über welches wir uns im „Buche von der Amerikanischen Nähmaschine" ausführlich ausgesprochen.
„Das Elend ist groß", fährt Neclam fort, „Hülfe ist nothwendig! Für den Vernünftigen entsteht die Frage: wie kann geholfen werden, wie können wir zur Besserung des Zustandes nach Kräften etwas beitragen? Den Einzelnen können wir Hülfe bieten durch Erleichterung der Arbeit mittels Einführung neuer Arbeitsmethoden. Für Nähterinnen, welche durch Nähen des Weißzeugs sich ihren Erwerb suchen, ist der „eiserne Schneider", die Nähmaschine, eine große Hülfe. — Der Arbeiter selbst pflegt gewöhnlich den Irrthum zu haben, daß die Einführung von Maschinen ihm ungünstig sei. Sie ist es nur dann, wenn er selber sich nicht bei Ausnutzung des Vortheils, den die Maschine gewährt, zu bethciligen vermag. Eine Handnäherin, die für ein Hemd zu nähen z. B. 2H Silbergroschen erhielt, konnte kaum eins pr. Tag fertig bringen; sie erhält jetzt für dasselbe Hemd mit der Maschine genäht vielleicht nur 18 Pfennige, macht aber täglich 4 Stück fertig, und erhält daher einen Lohn, der ihren früheren um 140 Procent übersteigt. Wird in irgend einem Artikel eine Arbeitsvcrbesscrung eingeführt, so sinkt zwar der Preis desselben, indessen nicht in dem Maße, als was die Ersparung an Arbeitskraft beträgt. Der billigere Preis bewirkt einen stärkeren Consum, eine Ausdehnung des Marktes. In diesem speciellen Falle trat durch die Nähmaschinen noch in anderer Art eine Erweiterung des Arbeitsgebietes ein, indem künstlichere Näharbeiten beliebt wurden, z. B. die Henideneinsätze, die Soutache-Stickereien u. s. w. Im Taglohn verdient eine Nähterin mit der Maschine wöchentlich 3—4H Thaler. Wer also >einer Weißnätherin zu einer selbständigeren und sorgenfreieren Existenz verhelfen will, der sorge dafür, daß sie eine Nähmaschine und den nöthigen Unterricht im Gebrauche derselben erhalte. Das sind freilich immerhin nicht kleine Ausgaben; denn eine Maschine, welche wirklich zur Arbeit brauchbar ist, hat zur Zeit noch den übertrieben hohen Preis von 60—80 Thlr.^) und für die Zeit des Unterrichts und der ersten Selbständigkeit, während welcher auf Verdienst noch nicht gerechnet werden kann, sind
Die Greifer-Maschine von Pollack L Schmidt in Hamburg und die Zirkelnadcl-Maschine von Grover L Baker in New-Aork, beide mit ausführlichen Gebrauchsanweisungen zum Selbstunterrichte und mit vielen Apparaten versehen, kosten nunmehr erstere 50, letztere 60 Thaler.