Handel mit Menschen-Haar.
227
dein darum Sou für Sou und erstehen es endlich, natürlich zu dem möglichst niedrigsten Preise. Das Haar wird dann so scharf als möglich vom Kopfe weggeschnitten, gewogen und bezahlt. — Die armen geschorenen Mädchen gehen dann wieder heim, ihr Haar abermals wachsen zu lassen, und — verkaufen es dann später gleichfalls in solcher Weise. — Auch in Rußland vermochten früher die Haarhändler eine reichliche Ernte zu gewinnen; seitdem aber die Leibeigenschaft aufgehoben ist und die Landbewohnerinnen nicht mehr gezwungen sind, sich ihres Kopfschmuckes zu entäußern, droht diese Haarquelle gänzlich zu versiegen und ist der Werth dieses Artikels ziemlich gestiegen.
Der Preis des Haares, wie es der Friseur und Perrückenmacher kauft, richtet sich nach seiner Güte, Länge und Farbe und steigt für das Pfund von 5—20 Thlr., ja noch darüber hinaus. In England schwankt der Preis von 4—30 Shilling pr. Pfund für Mittelquali- täten, erreicht aber für ausgezeichnete Waare (im rohen Zustande) die Höhe von 80 Spillingen. — In Amerika ist der Preis 6 Cts. pr. Unze. Beim Ankaufe wird gewöhnlich, je nach dem Gewichte und der Schönheit des Haares einer Person 1—6 Frcs. bezahlt. 200,000 Pfd. Haare soll Frankreich jährlich in den Handel bringen. England verbrauchte 1860 (alle die obigen Daten sind von diesem Jahre) für 18,591 Pfd. Sterl. — Das mittlere Gewicht eines französischen Haarzopses beträgt 10, eines italienischen 12 und eines deutschen 20 Loth. Die deutschen Haare kommen selten in ihrem ursprünglichen Zustande auf den Markt, sondern meistens mit anderen vermischt, um die schlechte Farbe und mindere Dualität zu verbergen. In der kaufmännischen Sprache versteht man unter „Zopf" blos den Haarbüschel am Hinterhaupte. Die Stirnhaare werden sel- - ten mit abgeschnitten, da sie immer etwas kürzer sind und die Person dadurch allzu sehr entstellt würde.
Zum Haarhandel gehört eine äußerst verlässige Unterscheidungsgabe besonders darüber, ob die Waare dunkel oder hell ist. Das gekaufte Haar wird so genau untersucht, daß zwischen einem deutschen und französischen Artikel sogar der Geruch unterscheiden muß. Ja, Haarhändlcr sollen sogar, wie die Verf. mit Humor (wenn nicht aus Spott) schreibt, zwischen Englisch, Wälsch, Schottisch und Irisch unterscheiden können, wenn sie ihre Nase in die Waare stecken. —
Frauenspersonen scheinen sich bisher mit diesem Handel nicht abzugeben. Die Verf. sagt wenigstens nichts davon, und uns ist auch nichts davon bekannt. Daß aber diese Beschäftigung für Frauen eher passen würde, als für Männer, ist außer allem Zweifel. Unterscheidungsgabe besitzt die Frau oder kann sich solche aneignen so gut, wie der Mann. Zu Klein-Handelsgeschäften hat sie in der Regel aber ein angeborenes Talent. Beschwerlichkeit wäre mit diesem Handelsgeschäfte eben nicht verbunden. Vielmehr dürfte dasselbe den Frauen, welche sich damit abgeben wollten, einen einträglichen Erwerb