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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Der Lein- oder Flachsbau.

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Die Amerikaner, welche schon des hohen Arbeitslohnes wegen gezwungen sind, wo es nur immer möglich ist, Maschinen die Ver­richtungen der Menschen zu überbürden, haben zur Zubereitung des Flachses bereits eine Anzahl solcher Apparate erfunden, mittelst denen man die Breche, Schwinge u. s. w. mechanisch verrichten kann. Und in Folge dessen sind unternehmende Leute dortselbst darauf verfallen, so, wie es in Frankreich etwa dieLiniers" thun, von den Farmern, welche den Lein meistens des Samens wegen bauen, das Stroh auf­zukaufen und es für Fabrikverwendung als Flachs herzustellen. Auch eine Flachsstroh-Schlichtmaschine haben sie, welche das verwirrte und verflochtene Stroh für die Breche zurichtet, so daß man auch jenes Leinstroh noch verwenden kann, das auch blos seines Samens wegen gebaut und durch Pferde oder auf irgend eine andere Weise ausge- droschen worden ist. Die Herstellung solcher die Zubereitung des Flachses erleichternden Maschinen hat zur Folge gehabt, daß sich in allerneuester Zeit die Production des Leins mehr als um das Vier­fache in Amerika steigerte; denn schon der Same bezahlt die Kosten des Anbaues» so daß der Flachs gleichsam als reiner Gewinn bleibt. Solche Dinge aber, welche die Industrie fördern und manchen althergebrachten, zum Theil langwierigen und schwerfälligen Verrich­tungen eine ganz andere Methode geben, sind auch in Bezug auf Beschäftigung des Frauenschlechtes von größtem Anbetracht. Denn, so wie die Verhältnisse jetzt stehen, hat der große Theil des weibli­chen Geschlechtes nur Aussicht, Mittel- oder unmittelbaren Erwerb in einer aufblühenden und fort und fort neue Gebiete erobernden In­dustrie zu finden.-

Die mehrerwähnte Leinölgewinnung ist eine ziemlich umständ­liche und beschwerliche Arbeit, ebenso wie das Pressen der Kuchen, welche als Futter zum Mästen verwendet werden.

Dann ist hier noch die Flachsbaumwolle zu erwähnen, näm­lich ein aus Flachs dargestellter Stoff, welcher sich wie Baumwolle verspinnen läßt (eine Erfindung vom Chevalier Cl aussen).

Hr. Benedict Roetzel, ein geborener Steiermärker, ist der Erste, welcher als Ersatz für die Baumwolle die Pflanze Doekmeria tena- ei88ima (Javanischen Flachs) aus deren weit entlegenen Hcimath am indischen Ocean nach New Mexico gebracht hat, um sie in grö­ßerer Quantität in Nordamerika einzuführen. Diese Pflanze hat län­gere, feinere und stärkere Fasern als die Baumwolle, und hält die Mitte zwischen Seide und Flachs. Ihr Anbau ist viel leichter, da es eine perennirende Pflanze ist. Die Staude derselben liefert des Jahres eine viermalige Ernte. Die Gewinnung der Fasern, Reini­gung und Bearbeitung ist einfacher. Die Staude ist kräftiger und klimatischen Einflüssen weniger ausgesetzt, und endlich wird in Liver­pool für dieses Product das Doppelte mehr, als für Baumwolle be­zahlt.