Die Brillenfabrikation.
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die armen Arbeiter hinaus, welche in kleinen Häuschen in den Bergen wohnend und nebenbei mit etwas Ackerbau beschäftigt, gegen billigste Löhne das Fabrikat mit Zuhilfenahme von Frau und Kindern vollendeten. — Herr A. Schweizer war es nun, der unter den größten Schwierigkeiten und Opfern erst in Frankreich diesen neuen Industriezweig kennen lernte und dann nach Fürth verpflanzte, wo er mit der größten Uneigennützigkeit seinen Geschäftsgenossen an die Hand ging. Insbesondere wird an ihm auch die uneigennützige Liberalität ehrend erwähnt, die er bei aller geschäftlichen Sparsamkeit und Strenge den von ihm beschäftigten Arbeitern gegenüber an den Tag legte. — „Von seiner braven Gattin, seit acht Jahren auch von seinem ältesten Sohne Max treulich unterstützt, — heißt es in einem Nekrolog im Fürther „Gewerbeblatte" Nr. 16, 1866 — hatte Schweizer die Freude, das schwierige Unternehmen völlig gelungen zu sehen, als ihn ein vorzeitiger Tod unvermuthet rasch aus seiner Thätigkeit Hinwegriß."
In der von dessen Hinterbliebenen schon erwähnten Fabrik finden auch 15 Frauen Beschäftigung und einen wöchentlichen Verdienst von 4 bis 6 Gulden. Dieselben sind theils innerhalb, theils außerhalb der Fabrik mit der Verfertigung der Brillengestelle, sowie mit dem Einschleifen der Gläser beschäftigt. Letztere Arbeit wird unter Aussicht eines Vorschneiders sogar ausschließlich von Frauen betrieben. Das Gestell hingegen (von Stahl), selbst das ordinairste, geht mehr denn I lO Mal durch die Hände der Arbeiter, bis eS fertig ist, und finden die Frauen viele und lohnende Beschäftigung. — Die Arbeit ist getheilt, so daß z. B. ein Arbeiter nichts weiter thut, als daß er die Bügel schneidet oder preßt, kröpft, locht u. s.w.; und andere wieder nur den Draht walzen; wieder andere die Ningtheile löthcn. Deren Frauen binden die Ringtheile, die aus 2 Ringen, 2 Nasenhälften und 2 Lappentheilen bestehen, erst mit Loth und dann mit Bindedraht zusammen und belegen die Gestelle mit Borax. — Weitere Arbeiterinnen polircn die Brillen, nachdem diese gelöthet und gefeilt sind, und hiezu eignen sie sich sogar besser, als männliche Arbeiter. — Nun kommt das Gestell zum Bohrer. Dieser nimmt die gebohrten Brillen mit nach Hause, wo letztere von dessen Frau und Kindern zusammengeschraubt werden. Bei den Nieten- und Schrau- benmaschinen sind nur Frauen thätig. Bei den sogenannten Monteurs nieten diese die Bügel ein, die aus 2 Theilen bestehen und schrauben sie mit den Ningtheilcn zusammen. — Das Richten der Brillen wird gleichfalls von Frauen besorgt. Die Brillengestelle, fortwährend mit Oel getränkt, müssen vor dem Blaumachen oder Bronciren erst ganz sauber in Scifenwasser gekocht und mit leinenen Tüchern abgewischt werden. Nach dem Blaumachen werden sie wieder von dem Kohlenstaub gereinigt. Letztere Manipulationen, sowie die Verpackung der Brillen ist ausschließliche Frauenarbeit.