Heft 
3 (1870) Heft 2
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als der Wiege des continentalen Tele­graphenwesens eine Ehrensache ist, in dieser Beziehung nicht hinter anderen Staaten zurückzubleiben.

Nun ist die Herstellung und der Be­trieb von Lokal-Telegraphen eine Unter­nehmung, die am leichtesten, bil­ligsten und zweckmässigsten von der Staats-Telegraphen-Verwal­tung besorgt werden kann. Diess aus folgenden Ursachen.

Da sich in jüngster Zeit das Sistem der Combinirung von Post- und Tele­graphenstationen endlich auch in Oester­reich Bahn gebrochen hat, so kann die Staats-Telegraphenanstalt mit einem äus- serst geringen Aufwande

1. für die Zuleitung der Drähte zu den Postämtern in den Vorstädten und Umgebungen Wiens, und

2. für die Aufstellung einfacher Apparate bei diesen Postämtern sofort eine genügende Zahl von Filial- Telegraphen - Stationen errichten, deren Betrieb bei dem Bestände eines schon vollkommenen geordneten Verwaltungs- Organismus ausser dem geringen Material­verbrauche keine anderen Auslage, als eine kleine Gehaltsaufbesserung für die be­treffenden Postbeamten erheischen würde.

Wie verschwindend klein die­ser Aufwand gegenüber jenem der zu eonzessionirenden Gesellschaft wäre, lässt sich aus dem Voranschläge (s. unten) um so mehr entnehmen, als die Staatsver­waltung im Besitze eines beträchtlichenVor- rathes von alten Telegraphenbau-und Ein­richtungsmaterialien ist, die sie für kleine Lokallinien ganz gut verwenden könnte, während dieselben jetzt als unbrauchbar um niedrige Preise veräussert werden müssen.

Hiernach ist es nicht zweifelhaft, dass der Lokaltelegraphendienst für die Staatsverwaltung unter allen Be­dingungen weniger kostspielig

sein wird, als für Privat-Gesellschaf- ten, welche überdiess, was der Staat nicht nöthig hat, das Anlagekapital ver­zinsen und amortisiren müssen.

Nimmt man nun an, dass das be­treffende Unternehmen ein lukratives zu werden verspricht, was die Staatsver­waltung zu beurtheilen wohl am besten in der Lage sein dürfte, so wäre die Uebertragung desselben an Private eine offenbarer Schaden für den Staat und demzufolge auch nicht rathsam; wenn sich dagegen aus den vorlie­genden Erfahrungen die Wahrschein­lichkeit oder gar Gewissheit ergibt, dass der Lokal-Telegraphen-Betrieb nur ein passives Erträgniss ab werfen werde, was, nebenbei bemerkt, die An­sicht der hohen Staatsverwaltung zu sein scheint, weil sie es bis jetzt unterlassen hat, ein ähnliches Institut ins Leben zu rufen, so dürfte die Vermehrung der bereits misslungenen Aktien-Un- ternehmungen durch die Concessioni- rung eines neuen problematischen Speku­lationszweiges noch weniger den Inten­tionen der Regierung entsprechen. Ab­gesehen von diesen Bedenken ist übri­gens noch weiters zu erwägen, dass sich die Staatsverwaltung unbedingt das Recht Vorbehalten muss, neben dem Privat-Telegraphennetze, wann immer sie es durch Umstände für geboten er­achtet, auch Staatslinien in Betrieb zu setzen und dass hierdurch das Privat- Unternehmen fortwährend der Gefahr eines vollständigen Rui- nes ausgesetzt bliebe, man müsste denn das absurde Verlangen stellen, dass der Staat beim Eintritte einer solchen Even­tualität das von ihm concessionirte Insti­tut, welches er selbst um vieles billiger herzustellen in der Lage ist, aus Rück­sicht für die concessionirte Gesellschaft um theures Geld abzulösen habe.