sich über die Frauen zusammenziehen und zweifeln nicht, daß die Not wie ein Elementarereignis über sie hereinbrechen wird. Es ist daher geboten sich beizeiten vorzusehen. Mir scheint es selbstverständlich, daß keine gesunde Frau mit einem Invaliden in Wettbewerb treten darf. Wogegen wir Frauen fordern müssen, daß gesunde Männer keinerlei Vorzug genießen. Im Wettbewerb mit diesen soll allein die höhere Leistung entscheiden, denn es handelt sich ja für den männlichen wie für den weiblichen Arbeitsuchenden, um die zwingende Existenzfrage.
Jetzt gilt es für diese Durchführung sich zu rüsten, auf daß all die einzeln kämpfenden Frauen nicht unterliegen. Es gilt fest zueinander zu stehen, um, wo die Einzelne nicht durchdringen kann, alle für die eine einzustehen. Wenn je, so ist es jetzt an der Zeit, daß die Frauen sich zusammenschließen; schon gehören viele Vereinen und Verbänden an, auch viele dem Bunde österreichischer Frauenvereine — denn jedes Mitglied eines Bundesvereines ist Mitglied des Bundes — aber sie geben sich davon nicht Rechenschaft und überlassen es allein den Führenden Mittel und Wege zu suchen, während jede Frau in ihrem Kreise für eine gerechte und unparteiische Entscheidung in allen Erwerbsfragen einstehen müßte. Die Frau, die den Rückhalt in einer mächtigen Organisation hat, ist keine einflußlose Einzelne, sondern die Angehörige einer Gemeinschaft. Und je größer und einflußreicher diese ist, umso wirksamer wird auch das Bemühen der Einzelnen sein. Darum liegt es im Interesse der Frauen zum Ausbau ihrer Organisation nach Kräften beizutragen und Opfer an Mühe, Zeit und Mittel nicht zu scheuen, um sie zu einem achtunggebietenden Faktor im Rechts- und Wirtschaftsleben zu machen. Eine wohl ausgebaute Organisation ist ja nicht die Summe so und so vieler Einzelindividuen, sondern sie ist, durch die differenzierten Kräfte, durch die Arbeitsteilung, die Höchstleistungen ermöglicht, und durch das Zusammenwirken Aller, ein eigenes Gebilde, wie die Gemeinde und der Staat es sind. Auch sie sind nicht die Vervielfältigung der Bürger, sondern menschliche Schöpfungen, welche vermöge ihrer eigenartigen Zusammensetzung auch eigenartige Werte schaffen, bedeutsame Schutz- und Kultureinrichtungen. Die Frauenorganisationen sind verpflichtet die Vorkehrungen zu treffen, welche dem weiblichen Geschlechte dienen können. Was die Organisation an Achtung und Wertschätzung erringt, kommt jeder einzelnen Frau zugute; es gereicht ihr aber auch zum Vorteile, eingereiht zu sein in eine zielbewußte Körperschaft; im Dienste der Gesamtheit wird sie zu einem altruistischen Gliede der Gesellschaft. Weitblickend lernt sie den Zusammenhang der Familieninteressen mit den Staats- und Gemeindeangelegenheiten erkennen und erwirbt, indem sie da und dort ihr Bestes einsetzt, das Bürgerrecht.
Marianne Hainisch.