Die negative Porträt-Retouehe.
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schauer darstellt. Diesen Vorzug wird man in den seltensten Fällen beider unretouchirten Matrize finden, es ist also eine der Hauptaufgabendes Retoucheurs dies zu erzielen, was aber nur dann möglich ist, wennder Betreffende mit den anatomischen Formen des Kopfes vertraut unddabei ein guter Zeichner ist.
Bei Köpfen kommen scharfkantige, eckige Formen selten vor, dieselbenmüssen eventuell abgerundet werden; da die runde Form bei Köpfen vor-herrscht, so folgt daraus, dass die verschiedenen Schatten gewissermassenin einander verlaufen müssen, schroffe Kontraste zwischen Licht undSchatten sind daher ausgeschlossen und würden ein hartes Bild hervor-bringen, während umgekehrt, wenn alle Schatten-Nuancen vom höchstenLichte bis zum tiefsten Schatten, mit Beibehaltung sämmtlicher vorhandenerFormen successive sanft ineinander verlaufen, dieselben ein weiches Bildergeben und dies ist eben, was der Retoucheur mit allen ihm zu Gebotestehenden Mitteln anstreben soll. Allgemeine Regeln, wie jeder einzelneKopf behandelt werden soll, lassen sich eigentlich nicht aufstellen undzwar aus dem oben erwähnten Grunde, weil jeder Kopf einen anderenCharakter besitzt, doch werde ich versuchen all dasjenige zu erläutern,was im Bereiche der Möglichkeit liegt.
1. Die Stirne.
Auf die Retouehe selbst übergehend beginne ich mit der Stirne, dieForm derselben trägt in den meisten Fällen zur Charakteristik, jedochnicht unbedingt zur Aehnlichkeit des Porträts bei, kann daher in gewissenFällen theilweise alterirt werden. Unter den verschiedenartigsten vor-kommenden Stirnformationen ist jene am häufigsten wo dieselbe durcheinen kreuzförmigen Einfall in vier Theile getheilt wird. Der eine mulden-artige Einschnitt beginnt gewöhnlich vier Centimeter oberhalb der Augen-brauen und erstreckt sich in horizontaler Richtung von einer Augenbrauezur anderen; der zweite Einschnitt jedoch theilt in vertikaler Richtung dieStirne in zwei gleiche Theile. Durch diese Formation ergeben sich viervorspringende Theile, welche die höchsten Lichtpunkte der Stirne bildenund zwar die Stirnbeine rechts und links vor Beginn der Einwölbung undknapp oberhalb der Augenbrauen. Diese Formation kommt am häufigstenbei Männern im reiferen Alter vor (Tafel 1), dieselbe darf bei diesen nie-mals alterirt werden; anders verhält es sich bei jungen Damen und Kindern