die diese Schule finden würde, nicht verzweifeln, glaube aber diesen Vor­schlag den weniger Zuversichtlichen schuldig zu sein.

Geehrte Anwesende, ich fühle es, diese Anträge sind roh und nicht so präcis, als sie sein sollten; ich maße mir aber bei einer so wichtigen Einrichtung kein entscheidendes Urtheil an, und will mit dem Vorgeschlagenen nur die groben Umrisse angegeben haben, die weniger auf reiner Inspira­tion Fußende besser ausarbeiten mögen.

Verzeihen Sie mir nun, daß ich in dieser Ansprache weiter als zur Sache zu gehören scheint, ausgeholt, ja selbst es gewagt habe, das sociale Gebiet zu betreten. Ich that es, weil ich von der Ansicht ausgehe, daß jede Schule todt ist, welche nicht auf das Bedürfniß der Gesellschaft gegründet ist. Es ist jedoch so leicht nicht, dieses Bedürfniß nur annähe­rungsweise zu erkennen, und dieses Erkennen ist nach meiner Ansicht nur möglich, wenn wir uns in der Gesellschaft genau umsehen, die Schäden derselben aufdecken und an diesen zu ergründen suchen, was bisher an dem Unterrichte versäumt, welchen Forderungen er nicht gerecht wurde.

Indem ich Sie zur Gründung eines Unter-Realgymnasiums für Mädchen auffordere, gehe ich von zwei Grundsätzen aus, von der Noth­wendigkeit der besseren weiblichen Schulung zu Zwecken des Erwerbes und von der Nothwendigkeit einer gründlicheren Bildung der Frauen überhaupt.

Geehrte Anwesende, machen Sie mir wegen des letzteren Motivs nicht den Vorwurf, daß ich von dem Vereine eine humanistische Leistung fordere, die über die Grenze seiner speciellen Aufgabe hinausreicht. Wir Frauen haben von der Verallgemeinerung der weiblichen Bildung Alles zu erwarten, denn unser vereinzeltes Streben, so eifrig und ehrlich es ist, wird das Vorurtheil gegen höhere weibliche Arbeit nicht überwältigen. Damit unser Wollen That werde, müssen wir die Strömung des Massen für uns haben.

Und nun, geehrte Anwesende, schrecken Sie vor den Schwierigkeiten nicht zurück, die uns bei Errichtung der besprochenen Schule in den Weg treten können. Die Sache ist gut, wir dürfen uns derselben nicht schämen, wir kämpfen um das höhere Glück und um den höheren Werth unserer Töchter! Schrecken Sie nicht zurück, wir werden unsere Sache durchsetzen, wenn wir nur recht wollen. Die Gewalt ist freilich nicht für uns, wir haben als einzige Waffe die Idee.

Aber die Ideen sind mächtig, wenn sie in tiefster Ueber­zeugung wurzeln und dem Bedürfnisse der Zeit entgegen­kommen.