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sperrt uns aber die Schule und ein Vorurtheil vertritt uns den Weg in's Leben.

Das Beseitigen von Vorurtheilen stößt immer auf Widerstand, ich weiß es, man sieht Gespenster von allen Seiten auftauchen, und doch sind diese Gespenster noch immer geflohen, wo das Licht der Aufklärung heran- brach. Es ist nicht lange her, daß in Oesterreich ein Vorurtheil bestand, welches in der Patrimonial-Gerichtsbarkeit die beste Justizpflege, und in Robott und Zehent keine entwürdigende Besteuerung sah. Es ist noch nicht lange her, daß ein Vorurtheil bestand, welches den Jsraeliten jeden Grundbesitz verwehrte, ja es ihnen verbot, in mancher Stadt ihr Nacht­lager zu nehmen. Diese Reste des Mittelalters sind glücklich gefallen und das Reich hat nicht Schaden gelitten, und Oesterreich wird kräftiger blühen, wenn Tausende fleißiger Arbeiter ihm erstehen und die Mütter die Gefühle der Jugend nicht mehr mit finsterem Aberglauben, aber mit der Liebe zur Wahrheit nähren werden. Dann werden unsere Kinder schon dort stehen, wo wir erst nach schweren Kämpfen hin gelangen.

Die Frauenwelt krankt jetzt an vielen Fehlern und wenngleich die Quelle derselben weniger in uns, als in unseren socialen Verhältnissen zu suchen ist, so ist es doch unsere Pflicht, unsere Mädchen davor zu bewah­ren. Lehren wir sie vor allem denken! Ich spreche aber aus innerster Ueberzeugung, wenn ich sage, daß wir da mit der Schule beginnen müssen. Ob unsere Mädchen Gattinnen und Mütter werden, ob sie ihr Leben in anderer Weise zu ihrem und zum Nutzen der Gesellschaft verwenden werden, die gute Schulung wird sie zu Allem tüchtiger machen.

Ich stelle nun meinen Antrag, welcher dahin lautet:

Der geehrte Frauen-Erwerb-Verein möge zunächst der Gemeinde Wien eine Petition überreichen, welche um die Errichtung von Parallelclassen für Mädchen an einem der Realgymnasien Wiens nachsucht. Für den Fall jedoch, daß die Gemeinde Wien diese Bitte abschlägig beantwortet, schlage ich weiter vor, bei der hohen Regierung um die Bewilligung zur Errichtung eines Unter-Realgymnasiums für Mädchen ein­zuschreiten und eine solche Schule dann in eigene Verwaltung zu nehmen."

Die pecuniären Verhältnisse unseres Vereines lassen es mir in diesem letzteren Falle geeignet erscheinen, die Theilnahme an der Schule durch eine in Umlauf zu setzende Subscription zu sichern, da sonst der Preis des Schulgeldes bei diesem Privatunternehmen ein verhältnißmäßig hoher werden müßte. Ich würde zwar selbst dann an der Theilnahme,