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ALLGEMEINE ILLUSTRIRTE WELTAUSSTELLUNGS-ZEITUNG.

und persischen Pavillons und einer türkischen Küche benützt werden. Alles Baulichkeiten, welche durch ihre bunte Bemalung und durch ihre grotesken Formen das Interesse des Publicums in nicht geringem Masse in Anspruch nehmen werden.

Yortrag über die Weltausstellung.

Vor einem zahlreichen Auditorium hielt Herr Sections-Itatli Migerka letzten Sonntag im österr. Museum für Kunst und Industrie einen Vortrag über die Weltausstellung, dessen interessanter In­halt es uns zur Pflicht macht, ihn auch unsern Le­sern so weit als möglich zugänglich zu machen. Bemerkt sei noch, dass das Excerpt, das wir folgen lassen, sich auf stenographische Aufzeichnungen stützt.

Bevor der Redner daran geht, über die Welt­ausstellung selbst zu sprechen, hält er es für ge-* boten, in gedrängter Weise Einiges vorauszuschicken über die Bedeutung des Ausstellungswesens im Allgemeinen.

Es dürfte Ihnen bekanntsein, fährt er sodann fort,dass der eigentliche Beginn des Ausstellungs­wesens in das Ende des vorigen Jahrhunderts zu verlegen ist. Das damalige französischeDirectorium hat zum ersten Male die Idee ausgesprochen, dass die Industriellen ihre hervorragendsten Erzeugnisse auf dem Marsfelde zu dem Zwecke ausstellen sollten, damit sie und ihre Leistungen in weiten Kreisen bekannt würden, damit sie sich ferner mit dem consumirenden Publicum in engere Beziehungen setzen, und namentlich die Regierung in unmittel­bare Kenntniss ihrer Leistungsfähigkeit bringen könnten.

Dieser erste Appell an die Industriellen hatte Erfolg, indem sich die für unsere Zeit freilich nur lächerlich gering erscheinende Zahl von 114 Aus­stellern betheiligte. Dennoch war das schon ein Erfolg. Denn wir sehen von da ab auf dem Conti¬ nente eine Ausstellung der andern folgen, und ge­wiegte volkswirtschaftliche Schriftsteller haben die Ausstellungen an sich als wesentliche Förderungs­mittel der Industrie und des Cultur-Lebens be­zeichnet.

Allein alle diese Ausstellungen, deren wir auch in Oesterreich zwei hatten, hatten doch einen mehr oder minder beschränktenUmfang, indem sie haupt­sächlich nur eine Stadt, eine Provinz oder ein Land zu vertreten hatten. Erstder nicht bloss um Eng­land, sondern um die ganze Menschheit verdiente Prinz Albert war es, der zuerst die Idee dahin er­weiterte, dass nichtbloss einzelne Länder, sondern die ganze Menschheit herangezogen werden soll, damit durch die Ausstellungen nicht nur die Leistungsfähigkeit der Industrie, sondern auch des Verkehrswesens u. s. w kurz des ganzen wirth- schaftlichen Schaffens klar dargelegt werde.

Im Jahre 1851 war die erste Weltausstel­lung in London; sie wurde von nahezu 20.000 Aus­stellern beschickt. Sie fand Nachahmung in Paris, New-York, und jetzt sind wir in Wien daran, eine Weltausstellung zu eröffnen. Schon das allein, dass innerhalb eines Zeitraumes von nicht ganz 8 Jahrzehnten die Ausstellungen einander rasch folgten und solch gewaltige Ausdehnung erreichten, spricht dafür, dass das ganze Ausstellungs-Wesen eine gesunde Idee in sich scliliesst. Und in der Tliat ist dem so, der Beweis dafür ist nicht schwer. Es werden zunächst die Industriellen durch die Vor­stellung, dass Beschauer von allen Punkten der Erde ihre Erzeugnisse einer strengen Prüfung unterziehen werden, zu ausserordentlichen An­strengungen angefeuert. Aber auch der Verhehr gewinnt dadurch einen grossen Aufschwung.

Man könnte hier vielleicht den Ein Wurf machen, dass wir heute, wo das Eisenbahn- und Telegra­

phen-Wesen eine sohoheEntwickelung erreicht, wo der Handel durch Versendung von Mustern, durch Bereisung der verschiedenen Absatzgebiete durch Agenten eine so grosse Ausdehnung gewonnnen hat, einer solchen Ausstellung nicht bedürften. Allein dem steht entgegen, dass es nur durch Aus­stellungen möglich wird, die hervorragendsten Lei­stungen in einer so bequemen Weise Millionen un­mittelbar zur Anschauung zu bringen. Ich kann es Ihnen zwar nicht ziffermässig nachweisen, allein es ist dennoch gewiss, dass das Absatzgebiet der be­treffenden Länder durch die Ausstellung gestiegen ist, und auch wir können erwarten, dass Oester­reich, welches als Productions Gebiet heute bereits genug gekannt und ein Glied des internationalen Verkehrs geworden ist, auch im Oriente mehr be­kannt werden wird.

Auch um die Stärken und Schwächen einesLan- des in verschiedenen Industrie-Zweigen kennen zu lernen, sind Ausstellungen nützlich. Nach der ersten Ausstellung in London entstand eine förmliche Revolution auf dein industriellen Gebiete durch die ganz bedeutenden Leistungen der französischen Industrie. Ueberzeugt, dass auch die Form ihren hohen Werth habe, begannen nun die Engländer ihr Zeichnungswesen zu reformiren. Anknüpfend an diese Ausstellung gründete Prinz Albert das Kensington-Museum in London, nach dessen Vor- ' bild das österr. Museum in Wien gegründet wurde. In gleicher Weise gab die Pariser Ausstellung im J. 1867 England Veranlassung, sein ganzes Unter­richtswesen einer strengen Prüfung zu unterziehen und umzugestalten.

Man begreift, dass, wenn die Industriellen irgend wie ihre Bedeutung zur Geltung bringen wollen, sie sich vorher rüsten, dass sie mit tüchti­gen Zeichnern in Verbindung treten, die wirksam­sten Kräfte für sich zu gewinnen suchen müssen. Die Ausstellungen bieten daher eine vortreffliche Gelegenheit auch manchem kleineren Manne, der auf dem grossen Markte sich nicht hätte liervor- thun können, die Aufmerksamkeit auf sich zu len­ken. Kurz, was vom Ausstelluugswesen im Grossen gilt, dass es ein Förderungsmittel der Industrie und Gütererzeugung ist, das lässt sich im verstärk­ten Masse von den Weltausstellungen sagen.

Doch ist damit ihre Wirksamkeit noch nicht erschöpft. Sie sind auch ein ganz bedeutendes Cul t ur-Mittel. Und namentlich von der Weltaus­stellung in Wien, die sich von den bisherigen durch ihren ungleich reichhaltigeren Inhalt unterscheiden wird, glaube ich sagen zu dürfen, dass sie gerade dieses Moment, die Beförderung der allgemeinen Bildung, für sich in besonderem Masse in Anspruch nehmen kann.

(Schluss folgt.)

Weltausstellung und Frauen- Emancipation.

Von Leopoldine Neuber.

Sehr erfreulich ist die Thatsache, dass den Frauenarbeiten ein eigener Pavillon auf der Weltausstellung eingeräumt werden wird. Wir begrüssen darin einen bedeutenden Schritt nach vorwärts in der Emancipations- Frage. Diese leidige Emancipation! Man hat kaum den Muth, das arme, todtgehetzte Wort niederzuschreiben. Und doch recrutiren sich die Buchstaben dabei aus demselben Alphabet wie:anmassende Gleichberechtigung,Her­ren der Schöpfung,verfehlte Bestimmung des Weibes und wie sie noch alle heissen, diese Bannerträger einer Vergangenheit, die schon den Blättern der Weltgeschichte an­gehört und in unsere Gegenwart nur mehr mit ihren Vorurtheilen hereinragt.

Wir sehen also, das Wort ist unschuldig an so manchen gestrengen Runzeln einer vorsündfluthlichen männlichen Denkerstirne, der Gebrauch allein macht es erst zu unserem Schrecken oder zu unserer Freude. Für dies­mal verspreche ich feierlichst, so unparteiisch, als nur immer Frauen möglich, und so kurz und klar als nur Frauenart davon zu sprechen.

Schon in einem früheren Artikel haben wir das Los der armen Handarbeiterin besprochen und dabei den frommen Wunsch gehegt, dass das gegenwärtig so mächtige Gestirn: die Weltausstellungs-Sonne auch diese dunklen, traurigen Existenzen mit einem erwärmenden Lichtstrahl erhellen möchte. Ein Wunsch, der jedenfalls vielfältiges Echo finden wird und manches müde Auge hoff­nungsvoller blicken lässt. Aber nicht nur der armen, halbblinden Stickerin oder der gehetzten Dienerin der zehnten allmäch­tigen Muse,der heiligen Mode, soll ge­holfen werden. Die ganze Frauenfrage wird eine erhöhte Bedeutung gewinnen und eine festere praktische Grundlage erhalten. Ja, die Weltausstellungs-Sonne soll und wird auch da erwärmend und befruchtend einwirken und den jungen Saaten, die lange genug schon im Winterschnee der Unthätigkeit, unter dem Froste der engherzigen Vorur¬ theile liegen, zum fröhlichen Wachsthum verhelfen. Wir Frauen haben bereits ange­fangen, die deutsche Uebersetzung vonEman¬ cipation zu verstehen, wir wissen, es heisst: lernen und arbeiten. Der Frauen-Erwerbs- verein mit seinem segensreichen Wirken beweist durch die Schnelligkeit seiner Ver¬ grösserung und Ausdehnung, wie zeitgemäss es ist, die lange vernachlässigten Frauen­kräfte zu beachten und zu verwerthen.

Dass Verwerthung und Werth noch im grellen Missverhältniss zusammen stehen, ist bis jetzt leider eine unleugenbare Thatsache, und der concentrirte Weltmarkt wird auch da seinen universellen Einfluss nicht verfehlen. Denn mit was rechtfertigen wir uns, dass wir die Kräfte und Zeit einer Frau kaum mit dem halben Theil der Summe entlohnen, die wir ganz und voll dem Manne zuge­stehen müssen? Nehmen denn die Mühen und Sorgen des Lebens eine gefälligere Form an, wenn sie einer Frau sich nahen? Und sind ihre körperlichen Lebensbedingungen nicht dieselben wie bei dem Manne? Es hängt uns eben noch mancher Barbarismus an, wir sind in vielen Dingen mittelalterlicher, als wir uns je gestehen mögen, und uns fehlt im Grossen und Ganzen der Gemeinsinn.

Aber darin liegt eben Macht und Fort­schritt. Schauen wir vergleichungsweise in die kleine deutsche Schweiz hinein. Da schwirrt und schwärmt es nirgends von Emanci¬ pations- Fragen und ihrem unerquicklichen Ge¬ folge, von unverdautem, weil unverstandenem Phrasen-Geklingel. Das Mädchen besucht die ausgezeichnete Volksschule bis zu ihrem 15. auch 16. Jahre und entscheidet dann ruhig ohne den geringstenEmancipations-Gedanken über ihren künftigen Beruf. Die LustBuch-