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Dr. Ferdinand Stamm.

Wir wollen fie hier nach dem Zwecke eintheilen, wie lie in dem Pavillon auch gröfstentheils geordnet waren.

Der erde Zweck der Kinderfpiele i(l die Entwicklung der leiblichen Kräfte. Die Griechen, welche diefer Seite der Kindererziehung eine vorzügliche Sorgfalt widmeten, fafsten fie mit dem Namen der Gymnaftik zufammen.

In Deutfchland hat man in dem Tu men diefen Theil der Erziehung wieder aufgenommen und ausgebildet. Es beginnt im früheflen Alter der Kinder mit den B ewegungsübunge n.

Das erde Bewegungsfpiel des Kimles, welches in Anwendung kommt, wenn es fitzen kann, id die Schaukel und das Schaukelpferd. Es dient vorzugs­weife zur Ausbildung der Ilrud und der Lungen, indem es das tiefe Athmen angenehm anregt. In frifcher guter Luft erquickt das Schaukeln die Lungen wie auf einem Spaziergange ohne zu ermüden, und id daher vorzüglich bei engbrüdigen Kindern zu empfehlen.

An das Schaukelpferd reiht ficli das Steckenpferd an. Sein Gebrauch id uralt, feine Verbreitung geht durch die ganze Welt. Es id eine originelle Erfindung der Kinder, welche die Kinder-Spielhändler nur mehr ausgebildet haben.

In dritter Reihe kommt der Wagen. Er erfcheint in allen Gedalten von dem Handkarren zum befpannten Karren und Ladenkarren, zur Kutfche und Staatscaroffe und bis zu den Waggons eines Eifenbahnzuges, denn das Spielzeug ahmt die Gebrauchsgegendände nach.

In dem Kinderpavillon waren über hundert Wagen ausgedellt, mehr als in dem grofsen Indudriepalade, fo bedeutend auch deffen Wagenpark angefüllt war.

Eine reiche Gruppe von Bewegungsfpielen bilden die Springreifen, Bälle und Ivreifel. Beim Gebrauche diefes Spielzeuges bewegt und übt das Kind alle Glieder, namentlich beide Arme und Beine ebenmäfsig, und der Blutumlauf wird fehr gedeihlich angeregt und gefördert.

Im Pavillon war eine ganze Reihe Spiele aus diefer Gruppe ausgedellt: Springreifen und Wurfreifen, Springfchnüre, Bälle aus Wolle, Leder und Ivautfchuk, Eederbälle, dichte Kreifel, welche mit der Peitfche umgetrieben werden und hohle Brummkreifel, welche mitteld einer umgewickelten Schnur, die rafch abgewickelt wird, gedreht werden, dann metallene Kreifel, die einen Ring oder eine Scheibe mit fchwerem Rand haben und kräftig gedreht lange Zeit umlaufen.

W ir heben daraus zunächd die von der Firma Reithofer ausgedellten Gummibälle hervor, welche zwei und dreifärbig waren, wobei immer bei zwei­farbigen Bällen die complementären Farben, bei dreifärbigen die harmonifche Triade oder Tricolore gewählt war, um beim Spiele den Farbenfinn des Kindes zu wecken und zu bilden.

Die Unna C. A. Müller in W r ien hatte Kreifel in den zwei complementären Farben ausgeftellt, welche zugleich die daraus entftehende Mifchfarbe zeigen, wenn fie ficli fchnell drehen. Das Kind wird dadurch auf eine ihm gewifs fehr auffällige Erfcheinung hingewiefen, welche die Eltern zum erden Unterricht über die Farbenlehre benützen können.

Der Schlagball der Engländer in der Verwendung zum Crocket war in mehreren Formen vertreten und es ift zu wünfchen, dafs diefes der Gefundheit fehr zuträgliche Spiel vom Kinderpavillon aus allgemeine Verbreitung finden möge.

Der bei den Franzofen beliebte Federball empfiehlt fich zum Spiele in gröfseren Zimmern und Sälen.

DerWurfball mit d e r Z i e 1 fch e i b e bildet den Uebergang zudem Scheibenfchiefsen.

Es gibt eine grofse Zahl folcher Spiele mit Bogen, Flinten, Knallpiflolen' u. dgl., die wohl das Augenmafs üben, aber faft alle mit Gefahren verbunden find, welche den Vortheil, den fie haben, aufwiegen.

In dritter Reihe kommen die Baufpiele, gefchnittene Holzftücke, welche Quadern und behauene Steine vorftellen oder auch Modelle von Balken,