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ich selbst erwachte, das stellte ich mir als das Herrlichste und Schönste vor. Wenn ich dann manchmal das Glück hatte schlafen zu können, dann war es erst kein Glück, dann war Arbeitslosigkeit oder Krankheit die Veranlassung. Wie oft an kalten Wintertagen, wenn ich abends die Finger schon so erstarrt hatte, daß ich die Nadel nicht mehr führen konnte, ging ich zu Bett mit dem Bewußtsein, daß ich morgens um so früher aufstehen müsse. Da gab mir die Mutter nachdem sie mich geweckt, einen Stuhl in das Bett, damit ich die Füße warm halten konnte und ich häkelte weiter, wo ich abends aufgehört hatte. Zn späteren Jahren überkam mich oft ein Gefühl grenzenloser Erbitterung, daß ich gar nichts, so gar nichts von Kinderfreuden und Zugendglück genossen hatte.

Das alte Ehepaar, bei dem wir wohnten, war sehr zweifelhaften Lharakters. Die Frau lebte davon, daß sie jungen Mädchen und Frauen aus den Karten ihre Zukunft prophezeite. Auch mich ließ sie in meine Zukunft blicken, die sie mir aus den Karten mit den schönsten Farben malte. Natürlich spielte der Mann die Hauptrolle und ebenso natürlich ein reicher Mann. Diese Frau hätte für mich verhängnisvoll werden können. Sie sagte mir, dem zehneinhalbjährigen Kinde viele Schmeicheleien, schmückte mich mit Seiden- bändern und gab mir Näschereien. Alles das könnte ich immer haben, versicherte sie, nur dürfe meine Mutter nichts davon wissen. Sie eiferte mich zu vielen Dingen an, die ich nicht zu tun wagte, weil sie mir ungehörig schienen.