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8 oder 9 kr., die Maurer 12 oder 15 kr., aber nur für Ueberstunden. Nun kommt es vor, daß auch nur eine halbe oder drei Viertelstunden gearbeitet wird, und da bekommen sie die ganze Stunde bezahlt. Wenn die Arbeit aber fünf Viertelstunden dauert, so wird auch nur für eine Stunde gezahlt.
Dr. Frey: Nach Ihrer Darstellung kommt es in der Saison sehr häufig vor, daß ohne Mittagspause und bis in die Nacht gearbeitet wird. — Exp. Nr. 94: Das haben wir die ganze Woche so durchgemacht.
Bardors: Das betrifft wabrscheinlich die Mörtelanmacherinnen. Wie groß ist die Anzahl derselben gegenüber den Anderen? — Expertin Nr. 94: Wir sind zwei, drei, und von den Anderen sind 30 bis 35.
Vorsitzende: Wenn Sie Ueberstunden machen, wie wissen Sie, wann die Stunde aus ist? — Exp. Nr. 94: Wir hören auf, bis der Polier es uns sagt oder bis die Arbeit fertig ist.
Vorsitzende: Wie werden Sie von den Polieren behandelt? — Exp. Nr. 94: Sehr schlecht. Es gibt unter den Arbeiterinnen solche, die 50, 60 Jahre alt sind. Zu diesen sagt der Polier „Du", und beschimpft werden sie genug. Selbst gestoßen und geschlagen werden sie, zwar nicht vom Polier, aber von den Arbeitern.
Vorsitzende: Kommt es vor, daß Mädchen bevorzugt werden, und kommen vielleicht auch Liebschaften vor? — Exp. Nr. 94: Das gibt's genug. Der Polier nimmt lauter junge Stubenmädel. Da darf man aber nichts sagen, sonst wirst er Einen hinaus. Die sind in der Kanzlei blos für den Polier.
Vorsitzende: Kommt es auch vor, daß die Mädchen nicht einverstanden sind und sie es nur deshalb thun, damit sie nicht die Arbeit verlieren? — Exp. Nr. 94: Es sind auch brave darunter. Manche lassen aber mit sich machen, was der Polier will.
Exp. Nader: Es wäre vielleicht auch über die Beschaffenheit der Gerüste etwas zu bemerken. Die Pfosten passen in der Regel nicht zusammen, es sind große Ritzen zwischen denselben. Darauf müssen nun die Frauen herumgehen, und die Arbeiter, die auf dem unteren Gerüste sind — es ist selbstverständlich, daß sie Hinaufblicken — reißen ihre Glossen darüber. Wenn die Frau über die Leiter geht, ist es geradeso, und auch der Polier betheiligt sich daran.
Bardorf: Erklären Sie uns das Verhältniß der sogenannten Stubenmädel. — Exp. Nader: Diese Mädel haben die Cantine zu versorgen, einzuschänken, einzucassiren, dem Polier die Kleider und Stiefel zu putzen; sie helfen an- und ausziehen und haben noch andere Verrichtungen. Man kann sich denken, daß der Polier nebstdem seine Herrschaft auch noch auf andere Mädel ausdehnt. Diese Stubenmädel haben auf vielen Bauten die Oberhand. Es gibt auch Stubenmädel, die, wenn sich der Polier einmal zu weit mit ihnen eingelassen hat, das ausnützen, um aus den Polier einen Druck auszuüben, so daß der Polier Alles machen muß, was so ein Stubenmädel will.
Vorsitzende: Wie werden die bezahlt? — Exp. Nader: Die verdienen durchschnittlich sl. 6 bis 7 wöchentlich. Sie sind als Mörtelträgerinnen eingetragen und gehen in der Liste mit, natürlich, ohne daß der Baumeister davon etwas weiß.
Vorsitzende: Sind das meistens junge Mädchen? — Experte Nader: Es gibt auch ältere unter ihnen, das kommt auf den Geschmack des Poliers an.
Vorsitzende: Haben die länger zu arbeiten? — Exp. Nader: Sie bleiben so lange dort, als der Polier dort ist.
Engel: Was ist so ein Polier? Was hat der gelernt? Ist der auch Maurer gewesen? — Exp. Nader: Nicht immer. Die neueren Poliere sind technisch ausgebildet und weniger praktisch. Die älteren sind meistens