478

wir hätten zur Arbeit bekommen sollen, weil sie schlecht waren. Wir haben die Decken erst herausbekommen, als der Besuch vorüber war. Da haben wir eine Stunde warten müssen.

Exp. Nr. 123: Heute ist uns wieder etwas passirt. Die Leute haben müssen mit hungrigem Magen bis '?s1 Uhr im Saale eingesperrt bleiben wegen des Besuches. Der Herr Hofrath war da und noch ein Herr. Die Leute haben essen gehen wollen, aber man hat gesagt:Wir können Euch nicht helfen," und so haben wir bis Vsl Uhr warten müssen.

Exp. Nr. 127 (setzt ihre Aussage fort): Ich habe einen Accordlohn von 23 kr. für's Hundert. Wenn ich sehr viel arbeite, verdiene ich fl. 5 bis 6 wöchentlich. Wenn ich den ganzen Tag ausnützen kann, so habe ich fl. 6. Ich bringe es aber beim schlechten Material gewöhnlich nicht zu Stande. Von den fl. 5'50, die ich jetzt verdiene, wird der Krankencassenbeitrag abgezogen. Mittags gehe ich nach Hause. Ich bin verheiratet; mein Mann war Maurer, jetzt ist er Zeitungsausträger und verdient fl. 4. Wir haben eine eigene Wohnung, Zimmer, Küche und Gassenladen. Der Gassen- laden ist vermiethet. Ohne den Laden zahlen wir fl. 5 Zins. Ich habe ein Kind. Unglückliche Entbindungen habe ich nicht durchgemacht.

Vorsitzender: Wie ernähren Sie sich? Exp. Nr. 127: Früh Kaffee, Mittags um 10 kr. Fleisch, davon haben wir alle Drei Suppe, das Fleisch schneiden wir in die Suppe. Am Abend Kaffee.

Vorsitzender: Ist das vielleicht Pferdefleisch? Exp. Nr. 127: Das kann ich nicht essen, es ist zu schwer; ich bin brustleidend.

Vorsitzender: Haben Sie Jemand zu unterstützen? Expertin Nr. U27: Nein.

Vorsitzender: Da Ihr Mann Zeitungsausträger ist, so werden Sie vielleicht lesen? Exp. Nr. 127: Ich habe keine Zeit dazu, ich muß zu Hause das Häusliche besorgen.

Dr. Riedl: Ist das das einzige Kind, welches Sie gehabt haben? Exp. Nr. 127: Hier habe ich noch keines gehabt. Ich bin immerfort krank. Ich habe zwei Exsudate im Bauch. Vier Kinder sind gestorben.

Dr. Ried l: Waren Sie schon damals Tabakarbeiterin? Expertin Nr. 127: Ja, in der Provinz.

Dr. Riedl: In welchem Alter sind die vier Kinder gestorben? Exp. Nr. 127: Eines neun Monate, das zweite sechs Monate alt, das dritte war eine Frühgeburt.

Dr. Riedl:' Woran sind die Kinder gestorben? Exp. Nr. 127: Das eine hatte Fraisen, das andere eine Krankheit im Bauch, und das dritte war am Bauch ganz blau.

Dr. Riedl: Wie haben Sie die Kinder ernährt? Exp. Nr. 127: Aus dem Lande in der Kost, dafür habe ich fl. 8 monatlich gezahlt. Das Eine hat es nicht schlecht gehabt. Die Frau hat es sehr gut behandelt. Aber die Frau hat gesagt, daß es Brand im Bauch bekommen hat. Das zweite hat es schlechter gehabt. Ich habe nicht hinfahren können, weil mir das Geld gefehlt hat. Es war zwei Stunden von meinem Arbeitsort.

Vorsitzender: Können Sie sich in der Fabrik waschen, wenn Sie fortgehen? Exp. Nr. 127: Es ist ein Waschkasten da für das Hände- waschen, für den ganzen Saal einer. Das Wasser wird hineingetragen. Seife haben wir nicht. Zwei Handtücher sind da für den ganzen Saal. Sie werden in der Woche einmal gewechselt und sind sehr schmutzig. Sie dienen für 54 Personen.

Dr. Ofner: Wie viele Handtücher sind in dem Saale, wo 100 Personen sind ? Exp. Nr. 125: Es sind etwas weniger. Es sind neun Tafeln und auf jeder Tafel ein Handtuch. Exp. Nr. 127: Die zwei Handtücher sind beim Waschkasten, die anderen sind da, weil wir die Gegen-