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Mercedes:Das ist wohlverdientes Gut, ohne Euren Jungen hätte ich meine Bilder nicht zustande gebracht."

Es war ein thränenreicher Tag, als Mercedes aus dem Dorfe schied, in welchem sie ein paar Jahre gelebt, mit Unterbrechung der Reisen zur Künstlerstadt, um Elisabeths Grab zu grüßen und sich Rath und Er­munterung von ihren Kunstgenüssen zu holen. Sie war immer früher zurückgekehrt, als sie gewollt, nun aber stand eine längere Trennung bevor, und all' die Sachen, an welche sich ihre Hausgenossen so sehr ge­wöhnt, waren eingepackt, sogar über die große Puppe waren Frau Ka- thrin's Abschiedsthränen geflossen.

Jung und Alt drängte sich um den Wagen, als Mercedes mit roth- geweinten Augen aus dem Hause der Freunde trat und von ihnen unter lautem Schluchzen in denselben hineingehoben wurde.

Lebt wohl! lebt wohl!" so klang die sanfte Stimme auf der ganzen Fahrt durch das Dorfvergeßt mich nicht!"

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Nein, sie wurde nicht vergessen, die gute Mercedes. Noch lange sprach man im Dorfe von ihrem freundlichen Wesen, ihren schönen Bildern und dem Atelier mit all' seinen lieblichen und schauerlichen Wundern. Eine kleine Modellpuppe, nach welcher sie Kinderröckchen zu malen pflegte, hatte sie Frau Kathrin geschenkt und diese putzte sie jeden Sonntag mit hübschen Kleidern zur Belustigung der Dorfjugend aus, die sich regelmäßig um sie versammelte und mit dem kleinen Töchterchen der großen Puppe spielte.

Elisabeth's und Mercedes' Name aber vereinigten sich zusammen in der Erinnerung der Dorfbewohner zu einem lieblich leuchtenden Dios- turengeftirn und machten das schöne Wort des Dichters wahr:

Die Stätte, die ein guter Mensch betrat.

Ist eingeweiht, nach hundert Jahren klingt Sein Wort und seine That dem Enkel wieder!"

(Göthe's Tasio.)