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Fritz. Ich bin ein armer Reisender, der seit sechs Wochen nichts geges wollte sagen, der seit sechs Wochen unterwegs ist und um eine kleine Erquickung oder Unterstützung bittet.

Sophie. Die Herrschaft ist nicht zu Haus.

Fritz (verwundert). So? Ist denn gar Niemand da? Ein so großes Haus und so ein Jungferchen ganz allein? (Für sich.) Man scheint mich noch nicht zu erwarten.

Sophie (ängstlich für sich). Ach Gott, das ist am Ende gar ein Spitz­bube, er erkundigt sich so genau ob Jemand da ist. (Laut.) O freilich! Die beiden Fräulein sind zu Haus und dann der Johann, die Christel, der Friedrich, der

Fritz (für sich). Meine Mutter muß ihren Hausstand sehr vergrößert haben. (Laut.) Die Fräulein? Giebt es denn schon Fräulein hier im Hause?

Sophie (eifrig). Das will ich meinen! Fräulein Sophie ist ja schon so groß als ich.

Fritz. Da ist sie allerdings eine bedeutende Größe. Und die andere?

Sophie. O, die andere ist allerdings noch keine junge Dame, aber

Fritz. Aber sie kann noch eine werden, ja, ja! Ist denn nicht auch ein Sohn da? Mir ist als hätte ich gehört

Sophie (für sich). Was will der denn gehört haben? Ich will ihm bange machen, damit ich ihn los werde. (Laut.) Der junge Herr wird jeden Augenblick von einer Reise zurück erwartet. Er bringt seinen Diener und einige Herren mit.

Fritz (für sich). Das ich nicht wüßte! Was bilden sich denn die Leute ein? Ich glaube sie will mich verblüffen, aber bange machen gilt nicht. (Laut.) Wo so viel Besuch erwartet wird, da ist Küche und Keller gewiß im Stande und die Jungfer könnte mir schon einen Bissen und ein Schlückchen zukommen lassen.

Sophie (für sich.) Der zudringliche Mensch! Er geht wahrhaftig nicht! (Laut.) Die gnädige Frau ist, wie ich schon gesagt habe, nicht zu zu Haus und ich darf nichts verschenken.

Fritz. Sehr gewissenhaft! Aber so bitten Sie doch das Fräulein in meinem Namen. Da sie einen Bruder aus Reisen hat, wird sie auch einen andern armen Reisenden nicht von der Thüre weisen.