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Dritten gehört es nicht. Taktlose Plaudereien haben schon manche Ver­hältnisse zerrissen, ohne irgend einen Nutzen zu bringen."

Herr von Felsen hatte sich sehr aufgeregt in seinem Gespräch, so daß, als er sich in sein Zimmer zurückzog, kein Schlaf in seine Augen kam, er setzte sich statt zu Bette zu gehen an seinen Schreibtisch und schrieb, mit der Feder vieles wiederholend was er gesprochen hatte, um auch einen schriftlichen Mahnruf an seines Kindes Herz zu legen. Er wollte Alles thun, was in seiner Macht stand, um einen tiefen Eindruck auf Gertrud zu machen im Augenblick ihres Eintrittes in ihr Vaterhaus, der zugleich der erste Schritt in eine neue Lebensperiode war, er wünschte ihr den Weg zu bezeichnen, den seiner Ansicht nach ein junges Mädchen ihrer Verhältnisse zu gehen habe.

Am nächsten Morgen führte der Vater seine Tochter in die für sie eingerichtete Wohnung. Zwei Zimmer hatte der liebreiche Vater mit Rücksicht auf seine besonderen Wünsche für sie bestimmt; es waren nicht so große Räume, wie sie die drei Schwestern in Alt-Neudorf bewohnten, aber zwei sehr freundliche zusammenhängende Stuben. In der ersten Stube stand ein hübscher offener Schreibtisch, darüber die Oelbilder von Vater und Mutter; über dem Sopha hingen einige Kupferstiche nach neueren Meistern, am Fenster befand sich ein Nähtisch und ein Tisch mit Nähmaschine, diese zwei Arbeitstische getrennt durch einen üppigen Gummi­baum, den einst Gertrud's Mutter gepflegt hatte. Das zweite Zimmer war in zwei Hälften getheilt durch dazwischen gezogene faltenreiche grüne Gardinen, die eine Hälfte bildete ein Schlafstübchen, die zweite war Biblio­thek. An der breiten Wandseite stand hier ein Tisch mit Bibel und An­dachtsbüchern, in seiner Mitte war der schöne große Atlas der Erdbeschrei­bung von Sohr-Berghaus * mit seinen 65 ausgezeichneten Karten auf­gestellt. Zu beiden Seiten dieses Mittelpunktes befand sich, wohl geordnet in Schränken, eine schöne Bibliothek. Auf der einen Seite die Bücher, welche noch aus Gertrud's Kinderzeit herrührten, auch einige neue Werke und alle Bücher, welche einst ihrer Mutter gehört hatten. Im Schranke auf der anderen Seite stand eine Sammlung guter christlicher Volks­schriften. Bilder waren nicht in diesem Zimmer, dagegen eine ein­gerahmte Randzeichnung, von der Hand der verstorbenen Mutter ge­macht, die Schrift dazwischen war das große Gebot des Herrn:

Carl Flemming's Verlag, Elogau.