Nach dem am 16. December 1857 erfolgten Tode des Gründers der Firma übernahm der Schwager desselben, Franz Biswanger, deren Leitung, die er bis zum Jahre 1873 in erfolgreichster Weise führte. Ein geborener Namjester, hatte er nach absolvirten Realschulstudien in der damals hochberühmten Namjester Tuchfabrik, später in der Maschinenfabrik von Bracegirdle und dann als Director der Feintuchfabrik von Auspitz Enkel in Brünn sich tüchtige und eingehende Kenntnisse der Tuch- und Maschinenbranche erworben, die er in seinem neuen Wirkungskreise verwerthete.

Schon in den nächsten Jahren wurde die Erzeugung der Fabrik, die inzwischen bereits ca. 100 Arbeiter be­schäftigte, auf fast sämmtliche Maschinen der Woll-, Spinnerei- und Appreturbranche ausgedehnt, speciell der Bau von Feinspinnmaschinen aufgenommen. Daneben wurden Transmissionen und Sägemühleneinrichtungen ziem­lich stark forcirt.

In den letzten Fünfziger- und anfangs der Sechzigerjahre begann Franz Biswanger der Firma, die sich inzwischen durch die streng solide, exacte Bauart und die gute Construction ihrer Fabricate ein weit über die örtlichen Grenzen hinausgehendes Renommée erworben hatte und die Tuchfabriken in Brünn, Neutitschein, Jägerndorf, soweit selbe damals bestanden oder gegründet wurden, fast ausnahmslos zu ihrem Kundenkreise zählte, auch den Absatz nach Russland zu erschliessen und damit ein Gebiet zu gewinnen, welches damals, fast noch unbekannt, eine enorme Aufnahmsfähigkeit besass, und dessen Exploitirung für das Wachsthum der Fabrik ausschlaggebend wurde und für die Prosperität derselben noch heute maassgebend ist.

Meist im Vereine mit dem Chef der Kratzenfabrik von Hähnel, Mänhardt & Co., Ferdinand Hähnel, bereiste Franz Biswanger zum grossen Theile in langen, oft nicht ungefährlichen Wagen- und Schlittentouren Russisch- Polen und das Innere Russlands.

Nahezu alle russischen Tuchfabriken von Zawiercie angefangen über Lodz, Tomaszov, Zgierz, nach Bialy- stock, Suprasl bis nach Moskau wurden mehr oder weniger vollständig von der immerhin noch kleinen österreichi­schen Maschinenfabrik eingerichtet.

Diese wuchs von Jahr zu Jahr. Im Jahre 1862 wurde eine eigene Eisengiesserei gebaut. Zugleich wurden die Constructionen der Maschinen fortwährend verbessert und ihre Ausführung durch Anschaffung guter, moderner Arbeitsmaschinen wesentlich gehoben.

Im Jahre 1867 trat der älteste Sohn des Gründers der Fabrik, Adolf Josephy, nach vollendeten technischen Studien und einer mehrjährigen Praxis in deutschen Fabriken in die Firma ein. Diese beschäftigte damals an 200 Ar­beiter mit ca. 100 Werkzeugmaschinen. Im Wettbewerbe der Völker in der Wiener Weltausstellung 1873 konnte die Firma neben den besten Concurrenzfirmen des Auslandes bestehen und sich die goldene Verdienstmedaille holen.

Als im Jahre 1876 Franz Biswanger nach nahezu zwanzigjähriger erfolgreicher Thätigkeit die Leitung der Firma an seinen Neffen übergab, konnte er mit stolzer Befriedigung auf das zurücksehen, was er geschaffen und geleistet hatte. Eine Werkstatt mit ca. 4050 Arbeitern und ein kleines, beschränktes Absatzgebiet, ein junges, schwach fundirtesj Unternehmen hatte er übernommen und eine renommirte, nach innen und aussen gefestigte Maschinenfabrik, deren Ruf weit über die Grenzen des Vaterlandes hinausreichte, übergab er den Kindern und Erben des Gründers der Fabrik, in deren dankbarem Andenken er sich einen dauernden Platz sicherte.

Vom Jahre 18731879 führte Adolf Josephy die Firma, dann trat dessen Bruder Gustav Josephy in die­selbe ein. Die Zeit vom Jahre 1873 bis Anfang 1880 brachte wesentliche Umgestaltungen der Fabrik mit sich. An Stelle der alten Dampfmaschine wurde eine neue grössere Maschine sammt Kesselanlage aufgestellt, dazu wurden Neubauten für Schmiede, Schleiferei, Gipserei und Tischlerei errichtet und die Leistungsfähigkeit quantitativ und qualitativ wesentlich gehoben.

Anfangs der Siebzigerjahre hatte die Firma ferner den Bau von Streichgarnselfactoren aufgenommen und im Jahre 1873 einen solchen auch ausgestellt, doch erwies sich diese Branche gegenüber der durch günstigere Pro- ductionsverhältnisse leistungsfähigeren Auslands-Industrie als so wenig rentabel, dass dieselbe schon nach wenigen Jahren aufgelassen wurde. Dagegen brachte der Bau von Riemchenflortheilern, welche anfangs nach Martinschem System, seit 1875 aber nach eigenem Patent, einer Erfindung des Ingenieurs und jetzigen Directors der Firma Theodor Demoulin gebaut wurden, der Firma grosse Erfolge. Es war dies die erste Construction, welche mit voll­kommen offenen Riemchen und mit directer Abnahme der Florbänder durch die Frottirwerke arbeitete. Abgesehen von den nach gleichem System in Deutschland, Frankreich, England und Russland gebauten Vorrichtungen hat die Firma im Laufe der Jahre über 2000 derartige Vorrichtungen gebaut und damit nicht nur ihre sämmtlichen neuen, sondern auch eine Unmasse eigener und fremder Assortiments im In- und Auslande versehen.

Im Jahre 1873 wurde überdies der Bau von feststehenden Spinnmaschinen (Metiers fixes) aufgenommen, doch konnte dieses System, welches sich in der Baumwollspinnerei gut eingebürgert hat, in der Schafwollspinnerei bisher nicht mit Erfolg durchdringen.

Als 1879 der gegenwärtige Chef der Firma Gustav Josephy, welcher seine technischen, theoretischen und praktischen Studien in Deutschland, Frankreich und im Inlande absolvirt hatte, in die Firma eintrat, genoss dieselbe bereits ein festbegründetes, hohes Ansehen, und als im Jahre 1885 Adolf Josephy aus dem Geschäfte schied und dieses an seinen jetzigen Besitzer übergieng, konnte dieser mit begründeter Aussicht auf Erfolg an die Erweiterung und Ausgestaltung der Production und des Absatzgebietes schreiten.

Von einem frischen, wagemuthigen Unternehmungsgeiste beseelt, gieng es nun an den Ausbau der Fabrik, die ihren Arbeiterstand im Laufe der seither verflossenen dreizehn Jahre auf ca. 600 Arbeiter mit weit über 200 Arbeits-

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