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Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Dritter Band
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247
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J. BERLINER

TELEPHON- UND MIKROPHON-FABRIK

WIEN.

n der Geschichte der Elektrotechnik, speciell aber auf dem Gebiete des Fernsprechwesens, nimmt die Firma J. Berliner (Wien, Hannover, Berlin) einen hervorragenden Platz ein. Ihr gebührt das auch wissenschaftlich bedeutsame Verdienst, durch die Erfindung des nach der Firma benannten «Berliners Universal-Transmitter» einen der besten Uebermittlungsapparate für Ferngespräche auf grosse Distanzen geschaffen und somit wesentlichen Antheil an der Vervollkommnung der modernen Telephonie genommen zu haben.

Genannte Firma erwarb Patente in fast sämmtlichen Staaten der Welt, doch, wie es jeder bedeutenden Erfindung ergeht, so wurde auch dieses Patent vielfach angegriffen, und war dies insbesondere in Amerika der Fall, wo Edison, Gray, Hughes, Blake und andere das Problem eines guten Uebertragers zu lösen suchten.

Ueber den Ausgang des Patentprocesses berichtete Heft 20, S. 291, 1897, der «Berliner Elektrotechnischen Zeitschrift» wie folgt: «Laut einer Kabelnachricht aus Washington, datirt vom 11. Mai 1. J., hat der höchste Gerichtshof von Nordamerika in letzter Instanz entschieden, dass das Fundamentalmikrophon-Patent von Berliner zu Recht besteht.»

Der Ausgang dieses Processes war vorauszusehen, nachdem die früheren Instanzen gleichfalls zu Gunsten des Patentes Berliner entschieden hatten.

Das vorstehend Angeführte beweist, dass Berliners Patent sozusagen den Sieg über alle ähnlichen Er­findungen davongetragen hat, und ist dasselbe bis heute noch unerreicht geblieben.

Von wesentlichstem Einflüsse, ja man kann sagen, fast ausschlaggebend für die Verallgemeinerung der Tele­phonie war die äusserst gelungene Ausführung dieses Mikrophons, welches sowohl hinsichtlich des Lautempfanges, wie der Lautabgabe die Gespräche auf grosse Entfernungen mit bedeutend erhöhter Deutlichkeit und Klarheit übermittelte, als dies bisher bei allen übrigen Apparaten möglich war.

Um die wissenschaftliche Bedeutung der Erfindung Berliners zu präcisiren, muss man festhalten, dass ursprünglich zur Stimmenübermittlung magneto-elektrische Fernsprechapparate verwendet wurden, diese jedoch zur Ueberwindung grösserer Leitungswiderstände, praktisch gesprochen, zum Sprechverkehre zwischen grossen Ent­fernungen nicht geeignet waren. Diesem notorischen Uebelstande hatten zwar schon Edison, Hughes, Blake, Gray und andere durch zweckmässige Verbesserungen abzuhelfen versucht, keine erwies sich jedoch für die praktischen Erfordernisse des wirklichen telephonischen Verkehres auf grosse, namentlich interurbane Distanzen von so vor­züglicher Lautwirkung wie das Mikrophon Berliners, dessen Modell sowohl bei der k. k. österreichischen Post- und Telegraphenbehörde, als auch bei den meisten Staaten der Welt Eingang gefunden hat.

Das neuerdings bedeutend vergrösserte Etablissement der Firma J. Berliner befindet sich im eigenen vier­stöckigen Gebäude nächst der Station Gumpendorferstrasse der Wiener Stadtbahn.

Der Fabriksbetrieb erstreckt sich auf die Erzeugung von Mikrophon- und Telephonapparaten aller Art für Haus-, Local-, Nah- und Fernverkehr, sowie auch auf Telegraphencentralumschalter jeder Grösse und Signalapparate aller Systeme, ferner Telegraphenapparate und sämmtliche Zubehörtheile, Materialien, Werkzeuge für Telegraphie, Telephonie und Leitungsbau.

In den Geschäftsbetrieb der Firma fallen nebst Installationen von Hausleitungen Telephonanlagen für Güter, Bergwerke, Comptoirs, Fabriken, Schiffe, Strassen- und Drahtseilbahnen, Hotels, öffentliche Gebäude, Schulen, Werften und Feueralarmzwecke. Mit grossem Erfolge hat die Firma ferner auch telephonische Commandoanlagen auf vielen Schiffen der Kriegs- und Handelsmarine, sowie in Admiralitätsgebäuden ausgeführt, wie sich auch deren Fern-Thermometeranlagen in Pulver- und Dynamitfabriken, in Zündholz-, Gummi- und sonstigen chemischen Fabriken, ferner in Ziegelbrennereien, Gewächshäusern und Schulen ausserordentlich bewährt haben.

Nicht unerwähnt bleibe, dass von genannter Firma bereits während der Internationalen elektrischen Aus­stellung in Wien im Jahre i883, wie auch auf der Internationalen elektrotechnischen Ausstellung zu Frankfurt a. M. 1891 Musik-Uebertragungsanlagen hergestellt wurden, von welchen insbesondere die letztere bei einer Entfernung von 480 km (MünchenFrankfurt a. M.) durch tadellose Function ungetheilten Beifall fand.

Die Firma J. Berliner in Wien ist Lieferantin des k. k. österreichischen Handelsministeriums, der k. k. österreichischen Staatsbahnen, der meisten österreichischen Privatbahnen, sowie mehrerer staatlicher und privater Telephonanstalten des Orients, Italiens, Frankreichs und Spaniens. Vom Fabrikshause Hannover bedient die Firma ferner die königl. bairischen Telegraphenwerkstätten, die niederländische Staats-Telegraphenverwaltung, die königl. niederländische Marine, das Reichspostamt in Berlin, die königl. württembergische Telegrapheninspection, die Ge- meentewerken von Rotterdam, Amsterdam, Arnheim, die badischen, bairischen, pfälzischen, sächsischen Staats­bahnen, die Feuerabtheilung des Berliner Polizeipräsidiums, zahlreiche deutsche Hoftheater, Elektricitätswerke und grossindustrielle Betriebe aller Art. Die complete Liste derselben an dieser Stelle anzuführen, ist wohl ein Ding der Unmöglichkeit, doch sprechen schon die oben namhaft gemachten ständigen Kunden und Auftraggeber der Firma J. Berliner für die exceptionell vorzügliche Verwendbarkeit, Verlässlichkeit und Dauerhaftigkeit der gebotenen Erzeug'nisse.