Stosszungenmechanik enthält. Sein Instrument nannte er Cemballo a Martoletti. Marius in Paris legte 1716 der Akademie der Wissenschaften drei Modelle für Hammermechanik vor. Christof Schröter, geb. 1699 zu Hohenstein in Sachsen, überreichte 1724 seine im Jahre 1717 angefertigten zwei Modelle für Clavierhammermechanik dem Könige von Sachsen. Von diesen Modellen war eines mit Hammerschlag von oben auf die Saiten, das andere mit Anschlag von unten. Diese beiden Modelle weisen in ihrer Grundidee auf die heutige in Oesterreich übliche Auslösermechanik hin.

Von Italien kam die Cristofalische Mechanik, möglicher Weise über Frankreich (den Pariser Marius streifend), nach England, wo man die praktische Seite dieser Erfindung bald herausfand. Dort erfuhr diese Mechanik durch eingewanderte Arbeiter manche Verbesserung und wurde der unter­nehmenden englischen Industrie zur ersten Ausbeute.

In dem damaligen Frankreich scheint man mit dem Bestehenden so zufrieden gewesen zu sein, dass die schon im Jahre 1711 erfolgten Anregungen des Marius spurlos vorübergiengen; ja es scheint fast, dass Paris erst durch die in den Jahren 1 7501760 erfolgten Besuche des Augsburgers Joh. And. Stein, welcher seine Instrumente selbst in Concerten vorführte, von dem Hammerclavier gebührend Notiz nahm, obwohl die vornehmen Musikfreunde Frankreichs ihre Pianoforte längst aus England bezogen. Erst 1785 wurden die fortschrittlichen Bemühungen der Brüder Erard, welche unter dem Protectorate der Patriotin Marquise von Villeroy arbeiteten, durch ein königl. Patent gegen die Anfeindungen und Verfolgungen der Zunft (Genossenschaft) der Instrumentenmacher geschützt.

Nach der grossen französischen Revolution brachte Joh. Jak. Schnell aus Paris ein Pianoforte nach Wien, das für jeden Ton drei Saiten hatte, welche durch Hämmer in Schwingung gebracht wurden. Ein mit diesem Instrumente in mechanischer Verbindung stehendes Gebläse soll es ermöglicht haben, jeden einzelnen Ton beliebig anschwellen zu lassen. Ueber dieses Instrument, welches den Namen «Anemochord» führte, erzählte Welker eine nette Geschichte, deren Wahrheit wohl nur er zu verbürgen hat:

«Die Königin Maria Antoinette, welche sich oft an den lieblichen Tönen dieses Instrumentes ergötzt hatte, wollte es ankaufen. Sie bot Schnell 100.000 Francs als Kaufpreis und eine Gratification von 50.000 Francs. Ihre Cassa war aber infolge ungeheuren Aufwandes, Sommerschlittenfahrten auf Salz u. dgl., so leer, dass sie diese Summe nicht zahlen konnte. Schnell sollte ihr das Instrument deshalb auf bessere Zeiten aufheben. Ein Engländer bot ihm 4000 Guineen, wenn er es in London nur vier Wochen für Geld wolle hören lassen, und dann noch 1800 Louisdor als Kaufpreis. Der ehrliche Meister zog es aber vor, es für seine Königin aufzubewahren. Dieser königliche Hof-Instrumentenmacher der Gräfin von Artois musste bei Ausbruch der Revolution flüchten und rettete später sein Instrument, an welchem er mit acht Gehilfen vier Jahre hindurch ununterbrochen gearbeitet hatte, nach Ludwigsburg.»

In Italien durch Cristofali erfunden, in Frankreich durch Sebastian Erard auf das raffinirteste ausgebildet, in allen Clavierwerkstätten Europas in unzähligen Modellen variirt, in England prakticirt, in Amerika annectirt, ist die Stosszungenmechanik heute international und unter der Bezeichnung «englische Mechanik» bekannt.

Unter dem Schutze eines kunstsinnigen Hofes (regis ad exemplum) und Adels musste auch in Oesterreich die Musik blühen.

Schon Kaiser Maximilian I. hatte die grössten Musiker seiner Zeit bei Hofe angestellt. Auf ausdrücklichen Befehl des Kaisers wurde sein Organist Carl Hofheim er auf dem berühmten Triumph­zug Kaiser Maximilian I. nach Albrecht Dürers Zeichnung von Hans Burgkmair in Holz geschnitten auf dem Positiv spielend dargestellt.

Der mächtige Habsburger Kaiser Karl (geb. 1500, gest. 1558) hatte in seinem Hofstaate gleichzeitig drei verschiedene Capellen: eine in Wien, eine in Madrid, die dritte musste ihn auf seinen Reisen begleiten.

Rudolf II. hatte den Organisten Charles Luyton am Hofe, dessen merkwürdiges Clavier in Wien 1589 angefertigt wurde. An diesem Instrumente waren die Obertasten in zwei Hälften getheilt, um die getrennte Besaitung für Kreuz- oder ATöne erklingen zu machen.

Ferdinand III. war selbst ein vorzüglicher Componist. An seinem Hofe waren die Musiker Frohberger, Kirchner und Kammerorganist Wolfgang Ebner.

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