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Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Dritter Band
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Auch Leopold I. war Componist und hielt eine Hof- und Kammercapelle, welche jährlich 200.000 Gulden kostete. Der Kaiser spielte mehrere Instrumente, aber mit besonderer Virtuosität das Clavier, weshalb auch in jedem seiner Zimmer ein derartiges Tasteninstrument stehen musste. *

Kaiser Josef I. (geb. 1678, gest. 1711) liebte es, vor und mit Kennern Clavier, Flöte und andere Instrumente zu spielen.

Kaiser Karl VI. nahm nicht selten, am Clavier spielend, persönlichen Antheil an der Direction der in der kaiserlichen Favorite stattfindenden Musikaufführungen.

Im Jahre 1725 wurde daselbst eine Oper des berühmten Hofcapellmeisters Joh. Josef Fux (geb. 1660, gest. 1735) aufgeführt, in der die grosse Maria Theresia (damals sieben Jahre alt) mitspielte und mitsang. Im Jahre 1735 wurde bei Hof eine Oper aufgeführt, in welcher die beiden Erzherzoginnen Maria Theresia und Maria Anna, deren Hofdamen Stirum und Fuchs, ein Graf Loggi und der Abbate Lepozati spielten und sangen.

Kaiserin Maria Theresia, eine ausgezeichnete Sängerin, war Schülerin des k. k. Kammer- compositeurs G. Chr. Wagenseil.

Der erste Protector der Wiener Gesellschaft der Musikfreunde, Erzherzog Rudolf, Cardinal- Erzbischof von Olmütz (geb. 1788, gest. 1831), Gönner, Freund und Schüler des grossen Beethoven, war einer der fertigsten und gebildetsten Pianisten seiner Zeit, ein geübter Partiturspieler und Kenner der classischen Musik.

Kaiser Ferdinand der Gütige liebte es ganz besonders, alle vierhändigen Arrangements der Symphonien, Opern etc. mit der Hofdame Cepini, einer sehr gewandten Pianistin, durchzuspielen. Einheimische und fremde Künstler wurden oft durch Einladungen zu Hofe geehrt und öffentliche Concerte durch Allerhöchsten Besuch ausgezeichnet.

Während der Regierungszeit Seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. erhielt sich bis auf den heutigen Tag am kaiserlichen Hofe nicht nur die Gunst und Unterstützung der Musik, sondern auch deren Pflege und Ausübung.

Ihre Majestät weiland Kaiserin Elisabeth, welche Clavier, Harmonium, Harfe und Zither spielte, überwachte selbst den Musikunterricht ihrer erlauchten Kinder weiland Kronprinz Rudolf, Erzherzogin Gisela und Erzherzogin Valerie.

Welches Interesse speciell Erzherzog Wilhelm der Entwicklung des Pianofortes zuwandte, geht wohl daraus hervor, dass er sich durch den Hof-Capellmeister Herb eck die zehn besten Claviere der internationalen Wiener Ausstellung (1873) auswählen Hess und, nachdem dieselben in seinem Palais nebeneinander aufgestellt waren, einer mehrtägigen Prüfung und Vergleichung unterzog. Um von der ausländischen Production einen Schluss auf das vaterländische Clavier ziehen zu können, musste Bösen­dorfer in diese vornehme Gesellschaft ein gewöhnliches Wiener Clavier seines Magazines aufstellen. Es soll nicht verschwiegen werden, dass dieser unscheinbare Wiener Flügel seinen ausländischen Collegen vorgezogen wurde und den erzherzoglichen Musiksaal nicht mehr verliess.

Die Gesellschaft der Musikfreunde und das Conservatorium stehen gegenwärtig unter dem Pro- tectorate der Frau Kronprinzessin Stephanie, welche mit gleicher Virtuosität Clavier und Harfe spielt und zugleich eine vorzügliche Sängerin ist. Frau Musica ist auch gerne aufgenommen in dem Palais der kunstsinnigen Frau Erzherzogin Maria Josefa und hat in dem Grossmeister des Deutschen Ordens, Erzherzog Eugen, einen begeisterten Freund und unermüdlichen Förderer.

Ueber die Musikinstrumentensammlung des Erzherzogs Franz Ferdinand sagt der Musik­gelehrte Professor Dr. Guido Adler, dieselbe sei nicht gesammelt, sondern entstanden und sei der unschätzbare greifbare Ueberrest von der Kunstpflege eines alten Adelsgeschlechtes.

Ein prachtliebender Hof, dessen erlauchte Mitglieder persönlichen Antheil an der Pflege der Musik nehmen, musste auf die musikalisch veranlagte Bevölkerung belebenden Einfluss haben, und eine natür­liche Folge war, dass sich zu den einheimischen Musikern auch fremde gesellten, welche in Oesterreich eine neue Heimat suchten und fanden.

Gottbegnadete Componisten wie Gluck, Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Liszt bis Brahms, nicht zu vergessen unserer Lanner und Strauss, bereicherten die Musikliteratur in

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