Entlastungsvorrichtungen bei den diversen kleineren stabilen Brückenwaagen, und auch die Auslösungs­vorrichtungen bei den Fuhrwerks- und Eisenbahnfahrzeugswaagen, auf welche wir noch zurückkommen werden, fallen in dieses Capitel.

Von mehr als gewöhnlicher Bedeutung war die Umgestaltung, welche die Eisenbahnwaggonwaagen im Laufe der Jahre erfuhren, und deshalb sei dieselbe hier in eine etwas hellere Beleuchtung gerückt.

Bis zum Jahre 1880 war bei jeder zum Abwägen von Eisenbahnwaggons bestimmten Waage das Vorhandensein eines separaten Sturzgeleises, sehr häufig auch einer eigenen Drehscheibe, eine uner­lässliche Bedingung, weil eben die Waagen, deren Tragfähigkeit 20.000 kg nicht überschritt, mit den ca. 40 Tonnen schweren Maschinen aus Sicherheitsrücksichten nicht befahren werden konnten.

Was dies namentlich für eine Bahn, die nahezu in jeder Station mindestens einer Waggonwaage für eigene Zwecke bedarf, bedeutete, wird sofort klar, wenn man nicht allein die Kosten der Elerstellung dieses Sturzgeleises und der eventuellen Drehscheiben, sondern auch, und nicht zuletzt, den Werth der für diese Anlagen nothwendigen, häufig gar nicht kleinen Grundstücke bedenkt.

Im genannten Jahre gelang es, beiläufig bemerkt, wieder der bereits einmal gedachten, inzwischen freilich schon bedeutend gewordenen Wiener Firma, die erste Waggonbrückenwaage ohne Geleise­unterbrechung herzustellen und damit der Fabrication von Waagen für Eisenbahnfahrzeuge eine ganz neue Richtung zu geben.

Der besondere Werth dieser Erfindung, vom eisenbahntechnischen Standpunkte aus betrachtet, liegt darin, dass diese Waagen in jedes Hauptgeleise eingeschaltet werden können und auch von dem stärksten Verkehre über das betreffende Geleise unberührt bleiben.

Diese Waggonbrückenwaagen wurden bald darauf noch mehr vervollkommnet, indem es gelang, das Problem zu lösen, wie bei leichter Entwässerung und grösster Betriebssicherheit ein einfaches und billiges Fundament construirt werden kann.

Die Eisenbahntechniker aller Herren Länder acceptirten denn auch diese Erfindung sofort, so dass heute in den meisten Culturstaaten die Waggonbrückenwaagen ohne Geleiseunterbrechung in Ver­wendung stehen.

Damit ist aber die Zahl der Verdienste der österreichischen Waagentechnik auf diesem Gebiete noch keineswegs abgeschlossen, und verdienen besonders die Erfindungen, welche den Schutz der Arbeiter im Auge hatten, bedeutende Anerkennung.

Wir müssen da auf die bereits erwähnten Auslösungsvorrichtungen zurückkommen, deren eigent­licher Zweck der ist, den Waagmechanismus, hauptsächlich dessen empfindlichste Theile, von deren gutem Zustande die Genauigkeit der Functionen einer Waage in erster Linie abhängt, gegen die schädliche Erschütterung, die das Befahren der Waagbrücke hervorbringt, zu schützen.

Mittelst dieser Auslösungsvorrichtungen wird die Waagbrücke nach erfolgter Belastung, das heisst, wenn dieselbe mit dem zur Abwägung bestimmten Wagen oder Waggon befahren ist, aus ihren Ruhepunkten gehoben und nach erfolgter Wägemanipulation wieder in dieselben zurückgebracht.

Von solchen Auslösungsvorrichtungen bestehen zahlreiche Arten, unter welchen die Zahnradketten- Auslösung für Strassenfuhrwerks- und die Zahnstangen- sowie die mechanische Wasserdampf- oder Luft­druck-Auslösung für Waggonwaagen die vollkommensten sind.

Dieselben verbinden nämlich die höchste Betriebssicherheit mit der grössten Einfachheit, Raschheit und Mühelosigkeit der Manipulation.

Der bei den Auslösungsvorrichtungen lange empfundene Uebelstand, dass, wenn infolge eines Zufalles oder einer Unvorsichtigkeit die Kurbel der Auslösung den Händen der gerade mit dem Wägen beschäftigten Person entglitt, die noch belastete Waagbrücke sich rasch senkte, wobei die Kurbel mit Vehemenz zurücklief, führte vor einigen Jahren zur Erfindung der heute überall, wo auf Betriebssicherheit Werth gelegt wird, an den Brückenwaagen angebrachten Sicherheitskurbel, die vermittelst eines sinn­reichen Mechanismus in dem Momente von selbst innehält, in welchem sie der Hand entgleitet oder von derselben absichtlich losgelassen wird.

Welcher Vortheil damit verbunden ist, wird erst recht klar, wenn man bedenkt, dass der Wäge­manipulant, dem die Kurbel der Auslösung entgleitet, fast unwillkürlich wieder nach derselben hascht, was

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