Schrauberei (Bistritz am Hostein).

gung gebogener Möbel errichtet wurde, nachdem vorher mit dem da­maligen Besitzer der Herrschaft Koritschan, Hermann Wittgenstein, ein mehrjähriger Holzlieferungsvertrag abgeschlossen worden war.

Michael Thonet übersiedelte bereits im Frühjahr i 856 von Wien nach Koritschan, die Leitung der Wiener Fabrik seinen Söhnen überlassend. Er verfasste selbst die Baupläne und leitete den Bau und die innere Einrichtung der Fabrik.

In diese Zeit, auf den io. Juli 1856, fällt auch die Verlei- eines neuen Privilegiums an die Firma Gebrüder Thonet, nämlich auf die Anfertigung von Sesseln und Tisch­füssen aus gebogenem Holze, dessen Biegung durch Ein­wirkung von Wasserdämpfen oder siedenden Flüssig­keiten geschieht.

Die Inbetriebsetzung der Fabrik Koritschan fand im Jahre 1857 statt, und hierbei wurden jene Grund­lagen für die Fabrication geschaffen, welche auch für die fernere Entwicklung und Ausdehnung derselben maassgebend waren. Es wurde die Theilung der Arbeit im vollsten Sinne des Wortes durchgeführt. Professio- nisten waren an der eigentlichen Sesselfabrication nicht mehr betheiligt. Zu den schwereren Arbeiten wurden Männer herangezogen, in den leichteren, wie Raspeln, Poliren, Flechten, Einpacken etc. nur jugendliche Hilfs­arbeiter, meist Mädchen, unterwiesen. Das Rohrflechten hat sich dann später fast ausschliesslich zur Hausindu­strie entwickelt. Es waren billige Arbeitskräfte reich­lich vorhanden, doch war es kein Leichtes, diese ganz ungeschulten Leute, die früher meist beschäftigungslos waren oder nur im Felde gearbeitet hatten, heranzubilden.

Als auch die von Jahr zu Jahr vergrösserte Koritschaner Fabrik den fortwährend steigenden Bedarf nicht mehr zu decken im Stande war, wurden der Reihe nach die Fabriken in Bistritz am Hostein, 1862, Gross- Ugröcz, 1865, Hallenkau mit Filiale Wsetin, 1868, Nowo Radomsk, (Russ.-Polen), 1880 und Frankenberg (Hessen), 1890, errichtet, und ausserdem kam eine grosse Anzahl von Filialen und Sägewerken in Betrieb.

Seit jener Zeit wurde kaum eine grosse Ausstellung abgehalten, auf welcher die Producte der Firma Thonet gefehlt hätten. Die Fabrikate des Hauses haben längst ihren Siegeslauf über die ganze Erde genommen, und es dürfte heute kaum ein Land existiren, in welchem der Thonetsessel eine unbe­kannte Erscheinung wäre.

Seine Majestät Kaiser Franz Josef I. zeichnete den Be­gründer des Hauses mit dem goldenen Yerdienstkreuze mit der Krone, sowie mit dem Ritterkreuze des Franz Joseph-Ordens aus, und auch die Leistungen der Söhne Michael Thonets wurden durch Verleihung des Ritterkreuzes des Franz Joseph- Ordens, sowie des Ordens der eisernen Krone III. Classe anerkannt.

Nach einem an Mühen, aber auch an Erfolgen reichen Leben starb Michael Thonet am 3 . März 1871.

Sein unvergängliches Verdienst war es, eine neue, bedeutende Industrie geschaffen zu haben. So weit es sich übersehen lässt, betreiben im In- und Aus­lande heute 52 Firmen in mehr als 60 Fabriken die Erzeugung von Möbeln aus gebogenem Holze.

In Oesterreich-Ungarn allein beansprucht diese Industrie die regelmässige forstwirthschaftliche Aus­nützung von 150.000 ha Buchenwaldungen. Mehr als 140.000^ Bugholzmöbel werden aus der Monarchie alljährlich in alle Welttheile exportirt, und etwa 3 o.ooo Menschen finden auf diesem Erwerbsgebiete lohnende Beschäftigung.

Zum Schlüsse sei auch noch einer ganz be­sonderen Ehrung gedacht, welche Se. Majestät der 'A HAäL.

Firma ZU Theil werden liess. Anlässlich der grossen Lehnen-Einschneiderei (Bistritz am Hostein).

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