RUDOLF WEILL &

K. K. PRIV. FABRIKEN MASSIV GEBOGENER MÖBEL UND DAMPFSÄGEWERKE KRAKAU, BUCZKOWICE, RYBARZOWICE, CISNA.

ie Verarbeitung der reichen Erträgnisse der Forstwirthschaft zu Gebrauchsgegenständen aller Art bildet einen wichtigen Th eil des industriellen Lebens der österreichisch-ungarischen Monarchie. Diese Thatsache geht gleich deutlich aus der Productionsstatistik, welche die grosse Zahl be­deutender holzindustrieller Etablissements ausweist, hervor, wie aus den Berichten über den aus­wärtigen Handel, die den grossen Einfluss der Ausfuhr in Holz und Holzwaaren auf die Ergebnisse unserer Handelsbilanz erhellen.

Wenn in früherer Zeit mit dem Capital, welches die Natur unserem Vaterlande durch die Ausstattung mit reichen Waldungen verliehen hat, in sündhafter Weise gewirthschaftet wurde, und wenn die Wunden, welche die unverständige Ausbeutung dieser Güter in früherer Zeit einzelnen Landstrichen geschlagen hat, sich heute noch als ein Grund ihrer Verarmung darstellt, so muss für die Gegenwart mit Befriedigung constatirt werden, dass unter dem Schutze strenger Forstgesetze und durch die klare Einsicht der Producenten eine planlose Verwüstung der Wälder von vorneherein ausgeschlossen ist und diese trotz ihrer reichen Erträge durch vernünftige Oekonomie für immerwährende Zeiten als wichtige Quelle des Nationaleinkommens erhalten bleiben.

Eines der für die österreichische Holz-Industrie bedeutungsvollsten Momente war sicherlich die geniale Er­findung Michael Thonets, die Herstellung von Möbeln aus gebogenem Holze, durch welche erst die zweckmässige Verwerthung der in Oesterreich-Ungarn am häufigsten vorkommenden Holzart, des Buchenholzes, angebahnt wurde. Dem Beispiele Thonets folgten bald andere Firmen, welche unter Bedachtnahme auf die örtlichen Verhältnisse den von ihm geschaffenen Industriezweig in die einzelnen Kronländer verpflanzten, und bald bestanden in allen Gegenden, wo die natürlichen Vorbedingungen vorhanden waren, Fabriken zur Erzeugung von Bugholzmöbeln.

Trotzdem nun gerade das östliche Galizien mit seinen ausserordentlich grossen Beständen an Buchen­waldungen für die Erzeugung der gebogenen Möbel ganz besonders prädestinirt erschien, und obwohl auch die angrenzenden, von den Beskiden durchzogenen Gebiete der Bukowina und Ungarns einen unerschöpflichen Vorrath an Rohmaterial boten, bestand bis zu Beginn der Siebzigerjahre daselbst kein derartiges Etablissement im grösseren Stile. Es ist das Verdienst der Firma Rudolf Weill & Co., in richtiger Erkenntnis der Sachlage diese Fabrication in Galizien eingeführt und dadurch in namhafter Weise zur Hebung der wirthschaftlichen Verhältnisse, zur Besserung der Arbeitsgelegenheit für die Bevölkerung des Landes beigetragen zu haben.

Der Grundstein zu den heutigen Etablissements der Firma wurde im Jahre 1873 durch die Errichtung einer Fabrik in Buczkowice gelegt. Zu jener Zeit hatte gerade das benachbarte Russland sich lebhaft der Anwendung von Möbeln aus gebogenem Holze zugewandt, und da im Lande selbst keine Erzeugungsstätten für derartige Fabrikate bestanden, wurden andere Gebiete zur Deckung herangezogen. Die Lage der Buczkowicer Fabrik er­schien für Handelsbeziehungen mit Russland ganz besonders geeignet, und so wurde daselbst die Production vor allem mit Rücksicht darauf angelegt. Es empfahl sich nämlich wegen der russischen Zölle, welche die Einfuhr fertiger Waare erschwerten, den Halbfabrikaten jedoch keine besonderen Hindernisse in den Weg stellten, sich nur mit der Erzeugung halbfertiger, roh gebogener Hölzer zu befassen und diese an russische Möbeltischler abzugeben, welche dieselben dann zum Gebrauche vollkommen geeignet machten und in den Handel brachten.

Die Calculation, auf welcher der Betrieb in der Weillschen Fabrik aufgebaut wurde, erwies sich in der Folge als vollkommen begründet; nahezu die ganze Production fand auf dem ungemein aufnahmsfähigen russischen Markte, woselbst dazumal inländische Holzbiegereien überhaupt nicht in Concurrenz traten, ihren Absatz, so zwar, dass für die Deckung des Localbedarfes nur geringe Quantitäten zur Verfügung standen und in absehbarer Zeit auch für den Export allein die Leistungsfähigkeit des Unternehmens unzureichend werden musste. Dies gab, da

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