eine Vergrösserung des Buczkowicer Etablissements nicht vortheilhaft erschien, den Anlass, an einem zweiten Orte, in Piwniczna, neue Arbeitsstätten zu begründen. Bei deren Anlage war auch auf die Beschaffung des Arbeits­materiales im eigenen Betriebe Bedacht genommen worden, indem in Verbindung mit der Holzbiegerei ein Dampf­sägewerk erbaut wurde, in welchem die Stämme auf die zur weiteren Verarbeitung geeignete Grösse und Form gebracht wurden.

Die Fabrik in Piwniczna gelangte zur Fertigstellung und erwies sich infolge ihrer zweckmässigen Ein­richtung als ganz besonders leistungsfähig; nach kurzer Zeit ihres Bestandes, im Jahre 1885, wurde sie jedoch ein Raub der Flammen.

Die empfindliche Störung der Fabrication, welche dieses Ereignis zur Folge hatte, veranlasste die Chefs der Firma Weill & Co., sich neuerlich mit der Ausgestaltung des Unternehmens zu beschäftigen. Die geschäftliche Conjunctur war im Laufe weniger Jahre eine gänzlich veränderte geworden. Russland, der frühere Hauptabnehmer, hatte, um im eigenen Lande den Unternehmungsgeist zu wecken, die Zölle auf einschlägige Waaren erhöht und dadurch den Import gebogener Hölzer auch im unfertigen Zustande erschwert und auf diese Weise das frühere Hauptabsatzgebiet der Firma Weill & Co. nahezu unzugänglich gemacht. Nebstdem machten sich auch die heftigen Schwankungen der russischen Valuta für den Geschäftsverkehr recht unangenehm fühlbar. Die Zeit war gekommen, wo von Russland als Absatzmarkt über kurz oder lang überhaupt abzusehen war. Jetzt war es nöthig, neue Ge­biete für den Vertrieb der Erzeugnisse zu erschliessen. Es traf sich gerade, dass zu jener Zeit die Nordbahnstrecke DzieditzSaybusch eröffnet wurde, welche das Stammetablissement in Buczkowice mit der deutschen Grenze und somit indirect mit den nördlichen Häfen günstig verband. Dies lenkte unwillkürlich die Aufmerksamkeit auf die dadurch erschlossenen Länder und rief das Bestreben hervor, dort festen Fuss zu fassen. Um dieses Ziel zu er­reichen, musste jedoch von der bisher gepflegten Form abgegangen, die Erzeugung des Halbfabrikates aufgegeben

und die des fertigen Productes in Angriff genommen werden.

Im Jahre 1887 fiel die Entscheidung in diesem Sinne. Dieselbe war auch für die Neugestaltung des Betriebes maassgebend, welche durch den Brand der Piwnicznaer Fabrik geboten war. Von einem Wiederaufbau dieses Etablissements sah man mit Rücksicht auf die geänderten Verhältnisse ab; die ganze Fabrication sollte in Bucz­kowice vereinigt werden.

Die vorhandenen Betriebsstätten zu Buczkowice waren naturgemäss zur Durchführung dieses Planes weder genug ausgedehnt, noch auch entsprechend eingerichtet. Die dortigen Anlagen wurden deshalb bedeutend er­weitert und mit den zweckmässigsten, modernsten Maschinen ausgestattet; überdies erfolgte dazumal auch der Ankauf einer zweiten ausgedehnten Fabriksrealität im gleichen Orte, in welcher eine ausgiebige Wasserkraft zu

Gebote stand. Die Einrichtung war in der kürzesten Zeit beendet und genügte allen Ansprüchen, die an einen

rationell angelegten Grossbetrieb gestellt werden müssen.

Selbstverständlich geschah der Uebergang von der Erzeugung der Halbfabrikate zur Herstellung ganz fertiger Möbel nicht mit einem Male; vielmehr wurden die letzteren anfangs nur innerhalb bescheidener Grenzen, gewissermaassen versuchsweise angefertigt; je nach dem Resultate dieser Versuche sollten die weiteren Maassnahmen getroffen werden. Die Erfolge übertrafen bei weitem die Erwartungen. Die Erzeugnisse fanden nicht nur in der Monarchie und in den benachbarten Staaten ausserordentlich guten Absatz, sondern wurden auch besonders lebhaft via Hamburg in überseeische Länder exportirt.

Wenngleich die Buczkowicer Fabriken im grossen Stile angelegt waren, konnten sie bei dem unerwartet günstigen Geschäftsgänge und bei der sich stetig steigernden Nachfrage die anlangenden Aufträge bald nicht mehr ausführen, und neuerlich musste an eine Erweiterung der Productionsstätten gedacht werden.

Abermals wurden die beiden Eventualitäten in Betracht gezogen, ob das bestehende Etablissement eine Ausdehnung erfahren oder ob in einem anderen Orte eine zweite Fabrik errichtet werden sollte. Diesmal fiel die Wahl wieder auf die letztere Alternative, und zwar wurde Rybarzowice als Standort für die neu zu erbauende Zweig­fabrik bestimmt. In die gleiche Zeit, in das Jahr i8g3, fällt auch die Begründung eines eigenen Sägewerkes in Cisna.

Von besonderer Bedeutung für die spätere Fortentwicklung des Unternehmens war der Ankauf eines 7000 Joch umfassenden, meist herrliche, für die Zwecke der Biegerei trefflich geeignete Buchenbestände enthaltenden Wald- complexes, durch den die Versorgung der Fabriken mit Rohholz, auch bei den weitgehendsten Ansprüchen, für die Dauer gesichert wurde. Die Verarbeitung der in der eigenen Cultur gewonnenen Stämme erfolgt im Cisnaer Sägewerke. Dasselbe ist mit fünf durch Dampf- und zwei durch Wasserkraft im Gange gehaltene Sägegattern ausgerüstet, welche, Tag und Nacht im ununterbrochenen Betriebe, die Verarbeitung der zugeführten Hölzer vornehmen. Das harte Material wird durchwegs für die Verwendung in der eigenen Fabrik vorbereitet, während die Sägewerks- producte aus weichem Holze nach Kleinasien, Indien etc. verschifft und theilweise auch im Inlande abgesetzt werden; 16 Circularsägen und diverse Holzdrechselmaschinen präpariren die harten Erzeugnisse des Sägewerkes für die Zwecke der Möbelfabrication.

Die grossen Mengen an Rohmaterialien, sowie an fertigen Fabrikaten, welche in den einzelnen Betriebs­stätten ständig zur Verarbeitung, beziehungsweise zur Fertigstellung gelangen, haben die Anregung gegeben, den Communicationsverhältnissen zwischen den einzelnen Arbeitsräumen besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Gegen­wärtig verfügt das Unternehmen über eine neu gebaute, 27 km lange Schmalspurbahn, welche die Sägewerks- producte direct aus dem Sägegebäude in jene Richtungen transportirt, in der dieselben benöthigt werden. Auf gleich zweckmässige Weise ist für die Abfuhr der fertiggestellten Erzeugnisse gesorgt.

Die Gross-Industrie. III.

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