Josef Kainz in Wien zuerst hergestellten Terzen nach und nach verdrängt, obschon diese die Qualität der -meisten früheren Sohlleder nicht erreichten.

Weniger günstig als die Sohllederfabrication stand es zu Beginn dieses Jahrhunderts mit der Oberlederfabrication aus Kalbfellen und Rindshäuten. Obwohl schon damals von einzelnen Firmen, insbesondere von Josef Poeschl in Rohrbach und Carl Pfeiffer in Wien, Vorzügliches geleistet wurde, waren im grossen und ganzen die Oberleder ganz unzweckmässig gegerbt und sehr unschön zugerichtet. Feinleder für Schuhzwecke hingegen, welches zu Anfang dieses Jahrhunderts und wohl auch schon viel früher in starker Verwendung stand, war in seiner Herstellungsweise sehr ausgebildet; man hatte hier das Cordovan-, Saffian- und das färbige Alaun- oder Brüsselleder im Gebrauch. Nebstdem wurden Saffianleder für Galanteriearbeiten von Carl Pfeiffer in Wien in vorzüglicher Ausführung, weiters auch lohsrahre Blankleder bester Oualität in dem damals österreichischen Udine fabricirt.

Auf die sehr bedeutenden Fortschritte, welche die österreichische Leder-Industrie im ersten Viertel unseres Jahrhunderts machte, folgte eine Zeit der Stagnation und in einigen Artikeln sogar eine Periode des Rückschrittes. In diesem Zustande befand sich dieser Industriezweig noch um das Jahr 1850, also am Beginne jenes Zeitabschnittes, in den in Oesterreich seine neuzeitliche Entwicklung fällt, und über welchen hier Bericht erstattet werden soll. Während dieser Stillstandsperiode des technischen Fortschrittes fühlten sich die Gerber Oesterreichs aber sehr wohl und ist gerade auf dieses Wohlbefinden jener Still­stand zum Theile zurückzuführen.

Die Gerberei befand sich, wie früher, so auch noch zu Beginn der zweiten Hälfte unseres Jahr­hunderts fortwährend in handwerksmässigem Betriebe; sie blühte hiebei und nährte ihren Mann. Beinahe jeder Marktflecken besass einen bis zwei Gerbermeister, welche grösstentheils nur für den localen Bedarf, in einigen Gegenden auch Lohnleder arbeiteten. Die grösseren Gerbereien exportirten nach Ungarn und in die damaligen Donaufürstenthümer. Die Kriege von 18481849, dann auch der Krimkrieg beanspruchten grosse Mengen von Leder für den Militärausrüstungsbedarf, und begnügte sich dieser Consum mit dem verlangten Quantum von Leder, ohne dabei viel Qualitätsansprüche zu machen. Der Commerzconsum war an die in landesüblicher Weise erzeugten Leder gewöhnt und wurde auch durch die bedeutende Menge importirter Leder in seiner Geschmacksrichtung nicht wesentlich beeinflusst, so dass für das Gros der Gerber keine zwingende Veranlassung vorlag, von ihrem gewohnten Gange abzu­weichen. Der Stand der Leder-Industrie in Oesterreich war um das Jahr 1850 folgender:

An Sohlleder wurde erzeugt: das althergebrachte Pfundleder, welches aber bereits stark im Rück- eanee eeeenüber dem an seine Stelle tretenden Terzenleder begriffen war, welcher Rückgang im Verlaufe der späteren Jahre immer mehr zunahm, so dass dasselbe gegenwärtig nahezu ganz verschwunden ist. Weiters wurde noch gegerbt ein Sohlleder ordinärer Art, welches Halbpfundleder oder, seiner gelblichen Farbe wegen, auch Limonieleder genannt wurde. Für dieses Leder wurden die Häute nach europäischer Art in alter Stinkfarbe zum Haarlassen gebracht, dann in gebrauchter Weissbeize geschwellt, hierauf erhielten sie einige Farben mit grober Fichtenlohe und wurden schliesslich mit gebrauchtem Knoppern­zeug versetzt. Für Frauenschuhsohlen wurde das Deutschleder aus leichten Häuten, die im Kalke geäschert, dann in fünf Lohfarben angegerbt und in der Grube mit Knoppernausfülle ausgegerbt wurden, erzeugt. Dieses Deutschleder gab den Anstoss für die Herstellung der Terzen. Letztere wurden ebenso wie das Deutschleder in Kalk und Lohfarben behandelt, erhielten aber dann für die Ausgerbung statt gebrauchtem Knoppernzeug frisches Knoppernmehl, und zwar, je nach der Schwere der Häute, dieses in einem, zwei bis drei Sätzen. In Böhmen wurden in althergebrachter Weise Sohlleder mit Fichtenlohe gegerbt, welcher Vorgang sich bis in die Neuzeit erhalten hat.

Die allgemein gangbaren Oberledersorten waren die braunen und die schwarzgenarbten Kalb­felle, letztere auch Fischfelle genannt; selbe wurden in Trebitsch in Mähren und auch in Böhmen in beliebtester Qualität hergestellt; weiters giengen braune und schwarzgezogene Kuhleder all dieses Oberleder wurde wie früher mit Fichtenlohe gegerbt doch wiesen dieselben in der Zurichtung schon namhafte Fortschritte gegen die in früherer Zeit hergestellten auf. Es liegt nämlich in der Natur der Sache, dass die Gerber bei den Zurichtoperationen, welche in kurzer Zeit auszuführen sind und rasch

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