LEDER- UND LEDERWAAREN-FABRIK

CHRISTOF NEUNER

KLAGENFURT.

m Jahre 1790 erwarb der aus Oberfranken stammende Riemergehilfe Christof Neuner das Gewerbe­gerechtsame eines bürgerlichen Riemermeisters zu Klagenfurt. Er übte sein Gewerbe mit den aller­geringsten Mitteln aus. Es gelang ihm nicht, demselben einen bemerkenswerthen Aufschwung zu geben, trotz unermüdlichen Fleisses und erprobter Tüchtigkeit in seinem Handwerke. Infolge der unglücklichen Kriege, welche anfangs dieses Jahrhunderts das Reich führte, und der zweimaligen feindlichen Invasion in Kärnten konnten Handel und Verkehr in Klagenfurt nicht pulsiren, und so kam es, dass Christof Neuner nach 3o Jahren angestrengter Thätigkeit keinen namhaften Erfolg erzielt hatte.

Dann übernahm dessen Sohn Christof Neuner, ein mit grosser Thatkraft und Intelligenz begabter Mann, im Jahre 1835 die Führung des Hauses. Er sah, dass eine ausschliessliche Thätigkeit auf dem Platze keine frucht­bare sein konnte, und unternahm es, die Herstellung von Pferdegeschirren im grossen zu betreiben, um sich Absatz im Auslande, insbesondere in die angrenzenden Provinzen Venetien und der Lombardei zu verschaffen. In demselben Jahre gründete er noch eine Filiale in Triest, welches Unternehmen auch von dem gewünschten Erfolge gekrönt war; denn die Nachfrage nach seinen Producten vergrösserte sich zusehends, und bald war der Name der Firma sowohl in den Alpenländern, als auch in den italienischen Provinzen gekannt. 1845 betheiligte sich Christof Neuner an der Wiener Ausstellung. Dort fand er die Anerkennung seines Fleisses und seines Unternehmungsgeistes. Die von ihm ausgestellten Pferdegeschirre wurden mit der grossen goldenen Medaille betheilt, eine Auszeichnung, welche nur we­nige der Concurrenten erlangten. Christof Neuner entschloss sich nun, die Pferdegeschirre fabriksmässig zu erzeugen.

Zu diesem Zwecke kaufte er sich in der St. Veiterstrasse zu Klagenfurt ein grösseres Anwesen und richtete dasselbe allen damaligen Bedürfnissen entsprechend ein. Um von fremden Handwerkern unabhängig zu sein, errichtete er eine Schlosserei und Plattiranstalt, in welcher sämmtliche Halbfabrikate der Riemerei, als Beschläge und die diversen erforderlichen Metallbestandtheile für die Pferdegeschirre hergestellt wurden. Dieses Unternehmen glückte, und Christof Neuner konnte sich bald eine recht stattliche Werkstätte bauen, in welcher er bis zu 40 Riemergesellen beschäftigte. 1856 hatte er die hohe Ehre des Besuches Sr. Majestät des Kaisers, welcher das Etablissement zu besichtigen und dessen Inhaber Allerhöchstseine Anerkennung auszusprechen geruhte. In dieser Zeit beherrschte Christof Neuner das Absatzgebiet der Lombardei und Venetiens zum grössten Theile. Schwere Fuhrwerke zogen allwöchentlich mit Pferdegeschirren beladen nach Triest und Italien.

Durch den Verlust der italienischen Provinzen wurden der Firma diese grossen Absatzgebiete verschlossen. Christof Neuner sah sich gezwungen, seinen Waaren andere Wege zu eröffnen. Er errichtete i863 eine Gerberei, die ihm ursprünglich nur das Blankleder für die Riemerei liefern sollte. Ueberzeugt, dass dieses Unternehmen Erfolg verspreche, wandte er diesem sein Hauptaugenmerk zu, ohne jedoch dadurch die Riemerei zu beeinträchtigen.

Die bisher im Keime liegende Gross-Industrie Oesterreichs begann sich zu entwickeln. Allenthalben wurden Fabriken gebaut und Maschinen aufgestellt. Dadurch wurde ein neuer Bedarfsartikel geschaffen, nämlich die Treibriemen. Mit richtigem Verständnisse erkannte Christof Neuner die Bedeutung dieses neuen Artikels; es gelang ihm, mit seinen Treibriemen durchzudringen und sich damit einen Namen zu machen. Seither bildet die Herstellung von Treibriemen einen Hauptzweig der Fabrication der Firma.

Nach dem im Jahre 1877 erfolgten Ableben des Christof Neuner übernahmen seine beiden Söhne Julius Neuner und Franz Neuner das Unternehmen und führten es, den Intentionen ihres Vaters entsprechend, weiter. Den Fortschritten in ihrem Fache aufmerksamst folgend, gelang es ihnen, die Fabrik auf die heutige Höhe zu bringen. 1888 wurde der Dampfbetrieb in der Fabrik eingeführt. Es wurden sowohl in der Gerberei als auch in der Riemerei die modernsten Maschinen aufgestellt und neue Gerbsysteme studirt und eingeführt, welche die Lei­stungsfähigkeit der Firma bedeutend vergrösserten.

Gegenwärtig erzeugt die Firma Treibriemen und Pferdegeschirre, ferner auch Koffer. Die Lederfabrik pro- ducirt hauptsächlich das für die Riemerei erforderliche Leder, beschäftigt sich aber auch mit der Erzeugung von Riemencroupons, Blankleder und Vacheleder. Die Producte werden mit peinlichster Gewissenhaftigkeit erzeugt, und speciell die Treibriemen erfreuen sich grosser Nachfrage.

Die Fabrik beschäftigt 70 Arbeiter, davon 40 in der Riemerei und 3o in der Gerberei.

Die Firma wurde ausgezeichnet auf den Ausstellungen vom Niederösterreichischen Industrievereine (grosse Silbermedaille), 1845 Wiener Ausstellung (grosse goldene Medaille), 1873 Verdienstmedaille der Wiener Weltaus­stellung, 1876 Verdienstmedaille der Ausstellung Philadelphia, 1868 grosse silberne Medaille Triest, 1896 Esposizione Partenopea, Neapel (grosse goldene Medaille mit Ehrendiplom).

So hat denn die Firma nach mehr als hundertjährigem Bestände durch unablässigen Fleiss und Eifer von drei Generationen das Ziel des Gründers erreicht und wird stets bestrebt sein, auf dem ihr vorgezeichneten Wege fortzuschreiten zur Vollendung!

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