K. K. LANDESBEFUGTE LEDERFABRIK

FRANZ SCHMITT

REHBERG BEI KREMS (NIEDEROSTERREICH).

m Jahre 1844 erbauten die Brüder Adolf und Franz Schmitt diese Fabrik in Rehberg, nachdem sie schon einige Jahre vorher in Krems unter der Firma Gebrüder Schmitt eine Lederfabrik von geringer Ausdehnung betrieben hatten. Adolf Schmitt trat 1866 aus dieser Gesellschaft und grün­dete mit seinen Söhnen zu Bossany in Ungarn eine eigene Lederfabrik.

Franz Schmitt führte das Fabriksunternehmen bis Ende 1881 allein weiter und übergab es ein Jahr vor seinem Tode seinen Söhnen Adolf und Norbert Schmitt, welche es heute noch unter Beibehaltung der Firma Franz Schmitt betreiben.

Das zwei Kilometer von Krems entfernte, dicht am Kremsflusse befindliche Etablissement wurde wiederholt von schweren Elementarereignissen heimgesucht. Im Jahre 1850 wurde das Fabriksgebäude, soweit es damals aus­gebaut war, ein Raub der Flammen. Nur das Wohngebäude links von der Einfahrt wurde gerettet.

Kaum hatten sich die Unternehmer von diesem schweren Schlage erholt, als im Jahre 1855 in der Nacht vom 5. auf den 6. September ein neues Unheil hereinbrach.

Infolge eines Wolkenbruches wurde das ganze Thal des Kremsflusses der Schauplatz der greulichsten Ver­wüstung. Noch verheerender als das Feuer wüthete das Wasser, indem es alles, was es erreichen konnte, mit sich fortriss und das Leder aus den Gruben spülte, so dass man noch nach Jahren in den Donauauen zahlreiche Häute fand. Bei diesem Anlasse gelang es Adolf Schmitt, mit eigener Lebensgefahr sechs Menschen, die dem Er­trinken nahe waren, das Leben zu retten, wofür ihm das goldene Verdienstkreuz mit der Krone verliehen wurde. Franz Schmitt kam am Tage nach der Katastrophe ahnungslos von einer Reise zurück und fand sein Heim in einem kaum erkennbaren Zustande wieder. Das alles entmuthigte die wackeren Männer jedoch nicht, und nach Jahresfrist waren die Spuren der Verwüstung wieder verwischt. Die Gebrüder Schmitt erscheinen unter den öster­reichischen Gerbern als die Ersten, welche fabriksmässigen Betrieb mit Zuhilfenahme der Wasserkraft einführten. Gerbereimaschinen gab es damals noch nicht viele, was aber Neues auf diesem Gebiete erschien und sich bewährte, wurde alsbald eingeführt, so dass die Fabrik heute mit den modernsten Einrichtungen und Maschinen versehen ist.

Die Wasserkraft wurde bis Ende des Jahres 1897 durch oberschlächtige Räder ausgenützt; diese wurden im Jahre 1898 durch eine Turbine ersetzt, welche die vorhanden gewesene Wasserkraft von 3o HP auf nahezu 60 HP erhöhte.

Die auch erst im Jahre zuvor reconstruirte Dampfanlage besteht aus einem Tischbeinkessel von 150 w 2 Heiz­fläche und einem Reserve-Flammrohrkessel von 64 m 2 Heizfläche. Dieselben dienen zum Betrieb einer Dampfmaschine von 20 HP, zur Extraction der Gerbstoffe mittelst Dampf, zur Erwärmung der Wässer und Brühen in den Geschirren und zur Heizung der Trockenräume.

Das Hauptgebäude wurde in Hufeisenform nach einem einheitlichen, von Franz Schmitt entworfenen Plane erst 1858 ganz ausgebaut. Anfangs genügte der südliche Tract; mit der Vergrösserung des Betriebes schloss sich der Mittelbau und der nördliche Seitentract an.

Im Jahre 1860 wurde in einem hinter dem Hauptgebäude gelegenen Hofe eine Sohlledergerberei nach rheinischem System zugebaut, in welchem Eichensohlleder nach deutscher Art gegerbt wurde. Es war dies in Oesterreich die erste und einzige Fabrik, welche Eichensohlleder fabricirte und eine vorzügliche Waare lieferte, welche stets bedeutend höhere Preise erzielte als die im Lande üblichen Terzen und Pfundsohlen. Die Erzeugungs­kosten waren aber auch höher, und die Gerbung solcher Sohlen erforderte 1824 Monate. Mit der zunehmenden Verbesserung der österreichischen Sohlleder verringerte sich jedoch der Bedarf in Eichensohlleder, und der Artikel musste wegen schlechter Rentabilität aufgegeben werden.

Da die Räume der Gerberei im alten Fabriksgebäude nicht mehr genügten, wurde 1875 anschliessend an den Mitteltract des Hauptgebäudes eine neue Gerberei nach amerikanischem Vorbilde gebaut und in derselben ein

Die Gross-Industrie. III.

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