SCHNEK & KOHNBERGER

GUMMIWAAREN-FABRIKEN

WIEN, ODRAU UND KREUZBERG.

m Jahre 1861 legten Isidor Schnek und Salomon Kohnberger in Wien, VII., Zieglergasse 29 mit geringen Mitteln den Grundstein zu diesem Unternehmen. Es wurden in kleinem Maasstabe mit Handbetrieb elastische Börtel und Schnüre, Strumpfbänder sowie Gürtelbänder angefertigt. Mittler­weile begann man auch mit der Erzeugung von Schuhelastiques. Es stellte sich aber schon nach zwei Jahren die Nothwendigkeit einer Vergrösserung heraus, und wurde, der billigen Arbeitslöhne

wegen, in Böhmen eine Factorei errichtet.

Durch die schwierige und theuere Betriebsführung in Wien sahen sich die Unternehmer bald abermals ge­zwungen, auswärts eine Fabrik, und zwar für Schuhelastiques zu gründen, respective diese Fabrication von Wien zu verlegen. Knapp nach Beendigung des Krieges, noch im Winter 1866 wurde in Odrau, in Schlesien die Etablirung durchgeführt und vorerst Schuhelastiques nur mit Handbetrieb erzeugt. Mitte 1869 ist auch die Production der anderen Artikel nach Odrau verlegt worden. Die Schnüre- und Börtelmaschinen wurden mit Pferdegöpel betrieben, bei den Webstühlen bestand noch der Handbetrieb.

Gegen Ende der Sechzigerjahre machte sich eine Aenderung in der Schuhmode geltend, die ihren Ausdruck

hauptsächlich in dem Tragen hoher Damenstiefletten fand. Die Herstellung gewebter hoher Schuhzüge war schwierig und kostspielig, weshalb man zum Gebrauche der geklebten Gummizüge, unter dem Namen «Alpacca- züge», griff. Dieser Artikel wurde damals hauptsächlichst vom Auslande, zumeist aus Deutschland bezogen. Nach-

dem jedoch das Unternehmen 1870 in dem Odrauer Etablissement die Erzeugung der genannten Waaren auf Grund

eingehender Versuche und Proben mit Energie aufgenommen hatte, konnten die «Alpaccazüge» schon 1873 zur vollen

Genugthuung der Firma nicht nur im Inlande das ausländische Fabricat verdrängen, sondern selbst in Deutschland

erfolgreich in Concurrenz treten. Der Verkauf in Deutschland wurde energisch betrieben und gestaltete sich so günstig, dass sich die Nothwendigkeit der Errichtung einer Niederlage in Leipzig herausstellte.

Die anfangs erzeugten Gegenstände, wie Schnüre, Börtel, Hosenträger u. s. f., traten successive in dem Maasse in den Hintergrund, als der nunmehrige Hauptartikel «Gummizüge für Stiefletten» zur Herrschaft gelangte.

Die seit 1870 vermehrte Verwendung geklebter Gummizüge machte mancherlei Erweiterungen nothwendig. So wurde

1872 in Odrau der Dampfbetrieb eingeführt und die Factorei in Kreuzberg in eine Fabrik, vorerst mit Handbetrieb,

umgewandelt. Im Jahre 1875 musste die im Centrum der Stadt Odrau gelegene Fabrik verlegt werden, um sie

den höheren Anforderungen entsprechend ausdehnen zu können. Es wurde im Oderthaie eine neue Fabrik erbaut,

in welcher hauptsächlich Alpaccagummizüge erzeugt wurden. Die durch eine Reihe von Jahren erfolgreich betrie­

bene Ausfuhr nach Russland, Deutschland, Italien und den Balkanstaaten wurde leider, und zwar zuerst nach Russ­

land, infolge des hohen Zolles unterbunden. Die für industrielle Unternehmungen minder günstigen Verhältnisse

unserer Monarchie gegenüber der weit weniger behinderten Concurrenz von Deutschland, der Schweiz, England und Italien verursachten, dass der Export heute auf ein Minimum herabgesunken ist und der Absatz sich fast aus­schliesslich auf Oesterreich-Ungarn erstreckt.

Die Nachfrage nach geklebten Gummizügen liess infolge einer abermaligen Aenderung der Mode nach, und zwar zu Gunsten der gewebten Terryzüge. Diese geänderte Geschmacksrichtung bewirkte in der Erzeugung eine einschneidende Wandlung; es mussten Ende der Achtzigeijahre bedeutende Vergrösserungen vorgenommen werden,

hauptsächlich um dem Inlandsbedarfe voll genügen zu können, da bis dahin ein grosser Theil des Consums von

Deutschland befriedigt worden war. Weiters wurde die Fabrik in Kreuzberg, welche seit ihrer Gründung gewebte

Gummizüge erzeugte, 1895 bedeutend vergrössert und auf Dampfbetrieb eingerichtet.

Der Arbeiterstand in Kreuzberg betrug Ende 1897 ca. 150 Personen, in Odrau ca. 350.

Die Fabrik im letztgenannten Orte ist der Maschinenzahl nach die grösste Gummizugweberei in Oesterreich

und Deutschland, trotz des grossen Exportes des letzteren Staates, und zugleich die einzige Fabrik, welche noch geklebte Gummizüge producirt.

Die Gross-Industrie. III.

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