Dokument 
Der Krieg in Deutsch-Südwestafrika 1904-1906 / von K. Schwabe
Entstehung
Seite
22
Einzelbild herunterladen

22

Die Miere Geschichte Oeutsch-SüLwestalrikas.

anderen Schauplätzen - die gleichen natürlichen Svmptome fest­stellen lassen, wenn wir folgenden Erwägungen Baum geben:

Die Austeilung und Erschließung Afrikas durch die europäischen Nationen und die intensive Besitzergreifung, die Ausbreitung der Herrschaft und Besiedlung in den ihnen zugefallenen Gebieten, hat in der neuesten Zeit ein bis zur §ieberhaktigkeit gesteigertes Maß angenommen. Ein Netz von Nampferlinisn umspannt den schwarzen Erdteil; tief in sein Inneres dringen von allen Seiten die Schienenstränge vor; zahllose Expedi­tionen durchwühlen an geheiligten Stätten den Boden nach Schätzen, und die Wogen der stillen Seen und der geheimnisvollen Biesen-Ströme werden gefurcht von den rauchenden Schiffen der Weißen. Den Schritt der neuen Herren vermag nichts aufzuhalten: In kühnem, gewaltigem Bogen über­spannt ihre Brücke aus stählernen Lianen die Wunderfälle des Sambesi; auf den Wällen der heiligen Städte am Niger schreiten die Posten lm ßhakiklside, und die §ahns des Propheten, die Schädelp^ramiden vor den Altären der blutigen Götzen, die geheiligten, ewigen §eusr, sie sanken dahin, sie erloschen vor dem I^reuz der Eroberer.

Eiek hat dies alles in das Leben, in das gesamte Dasein der ein­geborenen Völker eingegriffen. Sie sahen ihre alten Institutionen, ihre Begriffe von Becht, ihre Sitten und Gebräuche, ihre zügellose §reiheit und Unabhängigkeit im innersten Mark bedroht. Und wie den Europäern immer deutlicher die Erkenntnis erwuchs, daß die Auffassungen der Eingeborenen von Staat, Beligion und Wirtschaft zum größten Eeil kulturfeindliche seien, so kam diesen allmählich die Erkenntnis von der erdrückenden Ueberlegenheit der verachteten europäischen lxultur.

Und aus stiller Wut wuchs rasender Haß, offene §eindschakt und endlich in zwölfter Stunde - das wilde Begehren, sich den fremden Eindring­lingen im stampf bis aufs Messer zu widersetzen.

Mögen daher die äußeren Anlässe zu den Aufständen in Südwest­afrika und in anderen Kolonien noch so mannigfaltige sein: sie sind belang­los gegenüber der Tatsache, daß wir in Afrika in einer Periode großer Basssnkämpke, im Beginn des letzten wütenden Widerstands der Unkultur gegen die Ixultur stehen.

Und diese dämpfe mutzten kommen. Nichts konnte sie in Südwest­afrika und nichts wird sie in Zukunft in anderen Gebieten Afrikas verhindern.