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Die Verwaltung Ruandas weicht in ihrer äußeren Betätigung von der des Bukoba-Vezirkes sehr erheblich ab. Wir haben gesehen, daß der Bukoba- Bezirk eine große Anzahl mehr oder minder gleichberechtigter Sultane beherbergt. Da für die Verwaltung Zentralisation erwünscht ist, eine geringere Zahl von Sultanen sim Bukoba-Lezirk ,,Mukama"H genanntj sich leichter beaufsichtigen und in der Hand behalten läßt, so ist der dortige Resident bestrebt, allmählich, sei es durch Lrbgang oder Vertrag, ihre Zahl zu verringern. Die vorhandenen Sultane beugen sich willig unter die Oberhoheit der Regierung und rufen häufig, selbst bei Kleinigkeiten, die Entscheidung des Residenten an. Durch seine Hand gehen alle persönlichen Angelegenheiten der Sultane - kenne ich doch einen Hall, in dem der Ankauf eines Sultansesels durch einen Weißen vom Residenten dem Sultan gegenüber scharf gerügt wurde, da seine Erlaubnis hierzu vorher nicht eingeholt worden war. — Die niedere Gerichtsbarkeit liegt bei den Sultanen, Todesurteile und andere schwere Strafen werden aber vom Residenten verhängt, dem natürlich auch freisteht, in leichteren Fällen einzugreifen.
Anders in Ruanda bezw. Urundi, von denen uns hier nur ersteres Land interessiert. Hier fand man deutscherseits fast ein Jahrzehnt nach Gründung Bukobas viel unberührtere, viel dichter bevölkerte Gegenden vor, regiert von einem Sultan, der Herrscher über etwa Ichs Millionen Menschen ist. Einen so mächtigen Herrscher, der bis dahin sein ausgedehntes Reich nach fest eingewurzelten Sitten und in absoluter Autokratie regiert hatte, nun plötzlich zu zwingen, nichts mehr ohne Erlaubnis des fremden Eroberers, der europäischen Residenten, zu unternehmen, erschien für jeden, der mit afrikanischen Verhältnissen vertraut ist, unmöglich. Er hätte sich niemals freiwillig dem neuen Regime unterworfen. Blutige Kämpfe, die eine große Zahl Menschenleben gekostet hätten, wären die unausbleibliche Folge gewesen. Auch hätte die plötzliche Veränderung der bestehenden Verhältnisse schwere pekuniäre Opfer gefordert, da das Gouvernement genötigt gewesen wäre, an Stelle der Sultansorgane eine bei der großen Kopfzahl der Bevölkerung notwendige entsprechende Anzahl weißer Beamten zu setzen. Da diese Maßnahme sich als unausführbar herausgestellt hätte, so wäre völlige Anarchie die Folge gewesen. Man beließ daher dem Lande seine bewährte Organisation und dem Sultan die volle Gerichtsbarkeit über die Stammesgenossen unter Aufsicht des Residenten, der Grausamkeiten nach
r) tttukanm — Fürst.