Dokument 
Ins innerste Afrika : Bericht über den Verlauf der deutschen wissenschaftlichen Zentral-Afrika-Expedition 1907 - 1908 / von Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg
Entstehung
Seite
200
Einzelbild herunterladen

200

so würden wir schneller geeilt sein. Denn verstummend blickten wir wenige Augenblicke später in eine riesige Arena von unbeschreiblicher Großartigkeit.

Der abgestumpfte Gipfel des Ninagongo ist nämlich ganz von einem mächtigen, nahezu kreisrunden Lxplosionskrater eingenommen: dem Graf Götzen-Krater. So habe ich ihn seinem kühnen Entdecker zu Ehren getauft. Die Innenwände des Kraters fallen steil nach unten ab und enden hier aus einem völlig ebenen Lavaboden, in dessen Mitte zwei neben­einanderlegende, steilwandige Lruptionsschlote ausgesprengt sind, die sich wie eine etwas plattgedrückte, große 8 ausnehmen. Eine Vorstellung von den gewaltigen Dimensionen des Graf Götzen-Kraters vermögen am besten die von Oberleutnant Weiß mit dem Stereokomparator ausgeführten Messungen zu geben. Danach beträgt der Durchmesser des Kraters 1251 m, seine Tiefe 155 m und der Durchmesser der beiden Lruptionsschlote 336 bzw. 459 m. Der Anblick dieses riesigen Kraterloches ist überwältigend!

Zu Graf Götzens Zeit, im Jahre 1894, war der Ninagongo noch in voller Tätigkeit, von der man Spuren selbst bis zum Jahre 1906 bemerken konnte. Jetzt lagen beide Schlote vollkommen friedlich da. Nur die zahl­reichen dampfenden Spalten und Nisse im Kraterboden gemahnten an die in der Tiefe schlummernden vulkanischen Gewalten. Jeden Tag können diese zu neuer Tätigkeit erwachen. Denn die scheinbare Nuhe des Berges berechtigt nach dem Urteile Kirschsteins keineswegs dazu, den Ninagongo den erloschenen Jeuerbergen der Erde zuzuzählen.

Der Berg gilt bei den Eingeborenen alswasimu" verhext und die Legende geht, daß jeder sterben muß, der ihn besteigt. Nur wenige Aufgeklärte glauben nicht mehr daran. Auch Kissubi zog es vor, den Zorn des Berggeistes nicht heraufzubeschwören und im Lager zu ver­bleiben. Erst später, bei Kirschsteins Aufstieg, entschloß er sich widerstrebend, ihn bis zum Kraterrande zu begleiten. Doch wie recht der Brave mit seiner Gespensterfurcht hatte, das sollte Kirschstein noch erfahren. Er schreibt darüber selbst:

. .. Übrigens habe ich es mit Kissubi gründlich verdorben. Die Schuld daran trägt mein liebenswürdiger Ninagongo-Begleiter, Dr. Breuer aus Usumbura, der mich dazu verleitete, des vielfältigen Echos wegen gleich ihm in den Krater zu schießen, vergebens machte uns Kissubi daraus auf­merksam, daß sich der Berggeist zweifellos an uns rächen würde. Wir lachten ihn und seinen Berggeist aus! Wenige Wochen später büßte ich