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Ins innerste Afrika : Bericht über den Verlauf der deutschen wissenschaftlichen Zentral-Afrika-Expedition 1907 - 1908 / von Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg
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Der Ansang des September führte Raven, Wiese und mich, denen sich Grawert und Knecht anschlössen, in die weiten Gebiete, die den Vul­kanen im Süden vorgelagert sind und zu ihnen in enger geologischer Be­ziehung stehen.

Einem gewundenen Pfade folgend, gelangten wir am Tage nach dem Ausbruch zum ersten Male in die Bambuswälder. Das Wandern in diesen Wäldern ist für den Neuling ein Erlebnis von eigenartigem Beiz. Dieses Niesengras, das seine armdicken Halme bis zu einer höhe von l7 m empor- treibt, macht zunächst einen so fremdartigen, von unserer Vegetation so verschiedenen Eindruck, datz wir durch die Neuheit dieser Erscheinung ge­fesselt die Unbequemlichkeiten eines Marsches durch den Bambuswald an­fangs kaum bemerkten. Aber diese stellten sich bald genug ein und ließen den anfänglich empfundenen Beiz nur allzu schnell verschwinden. Denn die Halme sind fast von der Wurzel an mit langen lanzettförmigen Blättern bewachsen, die sich nach der Krone hin so verdichten, daß kaum der Strahl der Sonne Eingang findet. Dadurch bleibt der Boden stets feucht und schlüpfrig und das Wandern wird außerordentlich erschwert. Ja, nach einem starken Negen ist man kaum imstande, die steilen Abhänge hinauf oder hinunter zu gehen, so schlüpfrig und ausgeweicht wird das Erdreich. Der sicherste Weg, die Talsohle zu erreichen, ist dann die Art, mit der der Ski- fahrer zu Tale saust. Aus den langen Bergstock, den irgendeine Bambus- staude liefert, nach rückwärts gestützt, die Füße parallel nebeneinander gestellt, fährt man in unheimlicher Schnelligkeit die Berglehne hinab, am besten auf einem von Vieh getretenen Pfade. Herden des langhörnigen Watussi-Nindes mit ihren Hirten trifft man ständig in den Wäldern,- denn die jungen Bambustriebe bilden eine Hauptnahrung für die Rinder. Von den nahen Dörfern werden sie entweder täglich dorthin zur Weide getrieben, oder sie verbleiben in eigens errichteten Kralen monatelang tief im Innern des Waldes.

Der 8. September brachte uns nach verlassen der Bambuszone die Begegnung eines liebenswürdigen Reisegenossen, mit dem wir später noch manche freud- und leidvolle Stunde teilen sollten, des österreichischen Reisenden Rudolf Grauer. Sein Name ist als eines der ersten Erforscher des Ruwenzori bekannt. Er war einige Wochen vor uns nach Bukoba gekommen, um aus einer anderen Route als der unsrigen den Kiwu-See zu erreichen. Seine kostbaren Sammlungen, die sich zunächst aus das Gebiet der Ornithologie