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beschleunigterem Tempo vorwärts gingen. Die Böschung wurde stellenweise so steil, daß wir beim Auswärtsklettern die Hände zu Hilfe nehmen mußten.
Endlich gewahrten wir über uns einen langgestreckten, schmalen Grat, der für die Errichtung eines Lagers einigermaßen geeignet schien. Die Vegetation hier oben trug bereits ganz den Lharakter ausgesprochener Hochgebirgsflora. Ein breiter Gürtel von Senecio joknstonii und hohen Lobelien untermischt mit Strohblumen bedeckte waldartig die Hänge und reichte bis zu dem nahezu senkrecht ansteigenden Gipfelfelsen hinan, der vor uns noch etwa 400 m hoch aufragte. Die Sonne trat aus den Wolken hervor und verbreitete für kurze Augenblicke wohltuende Wärme, bis sie später den Sieg davontrug, und mit Entzücken schweifte das Auge über die herrliche Aussicht hinweg,- bot sich uns doch von hier ein Fernblick fast über zwei Drittel des Uiwu-Sees dar.
Bis auch die Uarawane oben anlangte, sollte unsere Geduld allerdings noch auf eine harte Probe gestellt werden. Erst spät am Nachmittage traf sie völlig erschöpft ein. Der von der Verwitterung herausgeschälte Grat, aus dem wir lagern mußten, war so schmal, daß gerade die Breite der Zeltbahn ihn überspannte, die Zeltpslöcke also kaum befestigt werden konnten. Zudem besaß der weiche Untergrund nur ungenügende Festigkeit. Mit Besorgnis blickten wir daher aus die schwarze Wolkenwand am Horizonte, die für die Nacht schlecht Wetter prophezeite. Und unsere Prognose erwies sich als richtig. Bald änderte sich das Wetter, Nebel zogen herauf und umhüllten das Lager, und als die Dämmerung hereinbrach, sank das Thermometer auf 1 o L herab. Heulende Windstöße, die in der Nacht zum gewaltigen Sturm anwuchsen und unbarmherzig die dünnen Zeltwände durchdrängen, fegten über den Grat dahin. Wer über einen dicken Anzug verfügte, hatte ihn als Nachtgewand angelegt. An Schlaf dachte niemand. Sn Decken eingehüllt, hörte jeder auf das Toben des Sturmes und wartete auf das Zusammenbrechen seines Zeltes. Um Mitternacht flog auch das Zelt Grauers davon, das als größtes dem Winde am meisten Fläche bot. Die anderen blieben zwar stehen, doch lockerten sich die pflöcke und bald flatterten die Sonnensegel im Winde herum, so daß fortwährend nach den Boys gerufen werden mußte, um sie wieder von neuem zu befestigen. Der Wind nahm noch immer an Stärke zu. Gegen Morgen entluden sich schwere Gewitter, verbunden mit starken Hagelschlägen,