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Ins innerste Afrika : Bericht über den Verlauf der deutschen wissenschaftlichen Zentral-Afrika-Expedition 1907 - 1908 / von Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg
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weniger als neun Kilometer hoch war, während sie in ihrem oberen, fächer­förmig verzweigten Teile eine Breitenausdehnung von beinahe neunzehn Kilometer erreichte. Diese Zahlen geben ein Bild von dem gewaltigen Um­fange der bei der Eruption ausgesehenen Dampf- und Gasmassen.

Erwähnt zu werden verdient, daß Kirschstein, der den Uamlagira vor, während und nach der Ausbruchstätigkeit im ganzen viermal bestieg, auch einen Abstieg in den Krater des tätigen Berges gewagt hat, um Aufschluß über verschiedene geologische Fragen zu erlangen. Über dieses zweifellos kühne Experiment gebe ich ihm selbst das Wort.

Ich hatte", so berichtet Kirschstein,am 5. Dezember bei klarem Wetter mit einigen meiner ausgesuchtesten Leute, auf deren Zuverlässigkeit und Besonnenheit ich unbedingt bauen zu können glaubte, den Abstieg vor­genommen, als wir plötzlich, mitten im Krater, von heraufziehenden Wolken in einen dichten Nebel und feinen Sprühregen gehüllt wurden. Der Nebel war so dicht, daß wir kaum auf fünf Schritt zu sehen, geschweige denn auch nur annähernd die Begrenzung der dampfenden Schlünde des Vulkans zu erkennen vermochten. Ein einziger Fehltritt und rettungslos wären wir für immer in der unheimlich gähnenden Tiefe verschwunden! Zum mindesten aber bestand die Gefahr, daß wir uns im dichten Nebel ver­lieren. Ich beschloß unter diesen Umständen, an (Ort und Stelle besseres Wetter abzuwarten. Zwei Stunden hatten wir so bereits auf einem und dem­selben Fleck zugebracht. Da, plötzlich ein dumpfes Nollen unter meinen Füßen, ein unterirdisches Donnern. Erst einmal ganz leise, wie ein fernes Gewitter. Dann noch einmal. Schließlich von Minute zu Minute deutlicher anschwellend . . . Kalter Schweiß trat mir auf die Stirn. Eine Täuschung war ausgeschlossen: der Berg war zu neuer Tätigkeit erwacht! Der schrecklichen Lage bewußt, in der wir uns hier, mitten im Krater, befanden, gab ich unverzüglich den Befehl zum Rückmarsch. Und es war im selben Augenblick auch wirklich höchste Zeit. Denn hageldicht regneten uns jetzt die Lapilli auf den Kops, schwer legten sich die vulkanischen Dämpfe auf die Lunge, beengten die Brust, immer knapper wurde der Atem, nur das herz arbeitete hörbar laut. Schweigend tasteten wir uns vorwärts. Infolge des dichten Nebels war jedoch jede (Orientierung unmöglich. Meine Leute hatten zudem völlig den Kopf verloren. Sie klagten mich an, den im Berge wohnenden Scheitani (Teufels dadurch erzürnt zu haben, daß ich ihn in seiner Behausung photographiert hätte, und warfen mir vor, sie