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Die gegenwärtigen Transport- und Kommunikationsmittel Egyptens : mit Beziehung auf die beantragte Durchstechung der Landenge von Suez / Alois Negrelli
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kann. Jenseit des Armes von Rosette nimmt die Eisenbahn die Richtung gegen Tantah, wo bedeutende Jahrmärkte stattfinden und wendet sich von da an mehr südöstlich gegen Bena Lassal, wo sie auf den Nilarm von Damiette trifft, den sie mittelst einer stabilen und zusammenhängenden hölzernen Brücke überschreitet. Von diesem Punkt an nimmt sie eine entschieden südlichere Richtung an und erreicht, das befestigte Lager von Saidieh rechts liegen lassend und neben Caliup laufend, die Hauptstadt Egyptens das reizend gelegene, stark bevölkerte, labyrinthische Cairo vor dem östlichen Thore gegen Suez. Von hier aus wendet sich die Bahn mehr östlich über Abbadieh, erreicht gleich darauf die Wüste, umgeht die Gebirgskette von Giaffra und Gebel=Awebel und wendet sich bei Mentalla in gerader Richtung gegen Suez zu. Die Richtung der Bahn ist größtentheils geradlinig und die wenigen Kurven sind sehr gedehnt. Ebenso vortheilhaft sind die Verhältnisse in altimetrischer Hinsicht, indem von Alexandrien bis Cairo die ganze Bahn fast horizontal liegt und nur zwischen Cairo und Suez kommt eine kurze Strecke von etwa Meile(1000 Metres) vor, wo die Steigung 1:100 beträgt, welche nur mittelst eines Umweges von mehreren Meilen durch die Ouadée, oder mittelst einer nicht rathsamen Vertiefung in Felsen­grund hätte vermieden werden können. Manufakte von besonderem Belang, oder wichtige Erdbewegungen kommen an der ganzen Bahn gar keine vor. Die Bahnkrone ist auf zwei Geleise eingerichtet, wovon zur Stunde indessen nur eines gelegt ist. Die Schienen sind auf gußeisernen Chairs, welche die Gestalt einer Schüssel haben, mittelst Keilen festgemacht, und die Chairs sind hinwieder mittelst gewalzten Eisenstäben zur Erhaltung der Parallelität miteinander verbunden. Die Chairs=Schüsseln liegen einfach auf dem sandigen Dammkörper, welcher bald aus angeschlemmtem Nilschlamm und Erde, bald aus Sand besteht. Bei den klimatischen Verhältnissen Egyptens, wo es oft jahrelang nicht regnet und wo kein Grasboden und folglich kein Rasen vorkommt, erhält sich der Rand der Eisenbahn selten in normalem Zustande; ja die Böschungen selbst werden von der Sonne zu Staub ausgetrocknet, oft vom Winde derart aufgewühlt, daß an mancher Stelle zur Steinverkleidung der Böschungen gegriffen werden mußte, um zu verhindern daß der Dammkörper unter den Schüsseln, worauf die Schienen ruhen, nicht ab­gewehet werde, wodurch natürlich auch der Oberbau selbst gefährdet werden könnte. Ueberhaupt ist diese Beschaffenheit des Bahndammes eine sehr gefährliche und es dürfte zu seiner Sicherung entweder eine durchgehende Steinverkleidung oder die Ueber­ziehung des Dammkörpers mit einer Schotterlage unentbehrlich werden. An der egyptischen Eisenbahn kommen keine Wächterhäuser vor und Wächter sind durchaus keine vorhanden und doch kommen Unfälle oder Störungen im Be­triebe sehr selten vor. Freilich ist die Frequenz, namentlich in den Mittelstationen, noch ganz unausgebildet und die Züge sind nicht häufig; doch verdient es hervorgehoben zu werden, daß in Egypten, in dem unkultivirten Lande und wo noch so viele wandernde Volksstämme vorkommen, der Betrieb auf der Eisenbahn, obwohl ohne alle Ueber­wachung, dennoch ungestört vor sich geht. Die Stationen sind keine Meisterwerke, doch genügen sie in einem Lande, wo der Himmel eine fast immer ungetrübte Hülle