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Über die Durchstechnung der Landenge von Suez : Vortrag gehalten in der Sitzung der philosophische-historischen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften vom 8. Jänner 1858 / Karl von Czörnig
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wird aber eine solche sein, dass sie allen mitbewerbenden Nationen ihren reichlichen Antheil am Gewinne desselben zu sichern vermag.

England hat bereits den ausgebreätetsten Handel und die am tiefsten wurzelnden Interessen in Indien, es wird daher auch die meisten Vor­theile aus der erleichterten Fahrt dahin ziehen. Erst im 1. J. bildete sich in England eine Gesellschaft, die Cotton Supp ly Associa­tion, welche dahin strebt, dieses Land in dem Bezüge des Rohstoffes für seinen wichtigsten Fabrieationszweig von den vereinigten Staaten Nordamerika^ weniger abhängig zu machen, und in der indischen Provinz Candeish nächst Bombai, welche 5 Millionen Acres bisher r

uncultivirten und zu der Baumwollen - Cultur vollkommen geeigneten Boden besitzt, Cottonpflanzungen im grössten Massstabe anzulegen.

Das Gelingen dieser Unternehmung, welches eine gewaltige Umwäl­zung im Welthandel hervorzubringen geeignet ist, ist jedoch an die Herstellung eines regelmässigen Transportes, wie ihn nur der Suez- Canal möglich macht, geknüpft. Seit Jahren ist das Streben der briti­schen Handelswelt darauf gerichtet, das chinesische Reich welches den dritten Theil des Menschengeschlechtes in seinen Grenzen birgt, der Cultur zu erschlossen, d. h. den Chinesen Geschmack an den Erzeugnissen des europäischen Kunstfleisses beizubringen, um dem constanten Abflüsse der Edelmetalle in jenes Reich ein Ende zu machen. Noch ist dieses bisher nicht gelungen; wenn aber die Zei­chen der Zeit nicht trügen, so dürfte die Zeit nicht fern sein, wo im Wege des Vertrags oder der Gewalt der Beginn damit gemacht wird, wie selbst das noch weit mehr isolirte Reich Japan die Geneigtheit zeigt, in die Bahn der europäischen Cultur einzulenken. Eine solche **

Eröffnung des chinesischen Marktes würde das grösste Ereigniss des Jahrhunderts sein, und ihre volle Bedeutung für den europäischen Verkehr erst durch die Eröffnung des Canals von Suez gewinnen.

Der Handel von Australien leidet in noch verstärktem Masse an den Gebrechen des indischen Handels, und hat durch die mangelnde Regelmässigkeit der Verbindungen schon mehr als eine Krise erlitten, indem die für den Sommer bestimmten Waaren im Winter ankamen und umgekehrt, wodurch in Melbourne in einem Jahre mehr als 300 Kaufleute fallit wurden. So sehr diese Handelsvortheile des Suez-Canals für England in die Augen fallen, so dürften doch die politischen Vortheile des Bestandes dieses Canals für die britische Regierung nicht minder erheblich sein. Man hatte darauf hin-