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Ueber die Eigenart der weiblichen Natur und Bestimmung und die daraus gefolgerte Gestaltung des höheren Töchterschulunterrichtes : (eine Preisschrift) / von Julius Zenske
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selben befähigt würden, den Kreis ihrer Aufgaben zu verstehen und ihrer höchsten Aufgabe vorzugsweise genügen zu können.

Somit sind wir der Frage näher gerückt: Wie ist der Unter­richt in der höheren Töchterschule zu gestalten?^)

Die höhere Töchterschule schließt zunächst alles das ihr Eigen- ö thümliche ein, was für das Weib nothwendig ist, um die Aneignung ! des Materials zu ermöglichen, das für den Beruf einer Erzieherin ! unerläßlich ist. Damit ist sie in die Nothwendigkeit versetzt, die- ' jenigen Stoffe als Bildungsmittel zu benutzen, welche dazu dienen, ^ die Frauauf die Höhe der Kultur" zu stellen. Die Forderungen! für den erziehlichen Beruf in der eigenen Familie fallen genau mit. dem allgemein weiblichen Erziehungsberufe zusammen. Sie ver- j langen einerseits einen gewissen Abschluß der Bildung, andererseits i eine vorbereitende Bildung. ^

Wer erziehen will, muß zunächst selbst erzogen sein; nur der j Selbsterzogene wird einen Menschen auf eine höhere Stufe der Er- i ziehung führen können. Ist die Frau selbst nicht erzogen, so, kann sie in ihrer Person das nicht darstellen; sie steht dann im

*)Aller Unterricht muß dem Zwecke gemäß für das Leben sein und darum - vom Leben ausgehen und stets auf dasselbe zurückweisen." Pestalozzi. ;

Aller Unterricht muß erziehlich sein.Wo die Erziehung einem körper- ? lich und geistig gesunden Kinde begegnet und in ihre fürsorglichen Arme nimmt, i da sucht sie die Harmonie des Gesammtbildes zu erhalten, fund jwo sie äugen- blicklich getrübt ist, wieder herzustellen. Sie erstrebt eine gleichmäßige, voll­gewichtige Entfaltung aller Kräfte. Sie sucht die menschliche Körperlichkeit so zu behandeln, daß sie zu einem schönen und vollendeten Ausdruck gelangt, eben-^ so seine Geistigkeit, faßt stets den ganzen Menschen in's Auge nach allen Rich-.' tungen seiner Kraft, und behauptet, daß nur der harmonisch ausgebildete Mensch ? als der eigentliche Mensch zu betrachten sei." W. Lange. ^

**)Nichts erzieht besser, als die Gegenwart eines trefflichen Menschen." r

I. Wagner. j

Die Charactererziehung erfordert eigene Charactertüchtigkeit; denn mehr als Wort und Rede wirkt das Beispiel, und zu allem Erziehen gehört?, eine Ruhe und Besonnenheit, eine Ebenmäßigkeit des Gemüthslebens, welche die^ allerernsteste Arbeit an sich selbst voraussetzt. Der Erfolg unserer erziehlichenß Thätigkeit ist von unserer eigenen Erziehung so abhängig, daß wir eigentlich^' Jdealmenschen sein müßten, um unserer Aufgabe ganz zu genügen."

W. Lange.