die Jagd nach Erwerb beginnen. Viele Hunderte müssen schon früher verdienen, sie vergessen bei harter Arbeit bald das Wenige, das sie mühselig gelernt haben. Nur allzuoft wird das Wissen bei Mädchen gering geschäht. „Was braucht ein Mädchen zu wissen", heißt es Arbeiten und sparen preist man ihnen als die schönsten Tugenden Verdienen, nur verdienen ist ihre Pflicht. Tie Eltern warten auf (Held Der Vater wird alt und kann nicht mehr genug roboten, ja vielleicht steht er gar schon vor der Entlassung, denn alte Arbeiter sehen die Unternehmer nicht gern. Sie werden als Ucbcrzählige, als Last betrachtet. In einem anderen Falle wieder ist die Mutter Witwe, mehrere minderjährige .(linder sind zu ernähren. Wer könnte da die Vier z ehnjührige noch erhalten. Also fort aus die Suche nach Arbeit, hinein in die Fabrik. Die wenigsten Mädchen kommen in eine Lehre, weil die Eltern ihre Erhaltung nicht bestreiten können. Welch weit- sliegeudc Pläne schmiedet oft das junge Köpfchen! Luftschlösser sind es aber, die rascher zerschellen, als der Schnee vor der Sonne schmilzt.
Da sitzen nun die vierzehnjährigen Mädchen in der Fabrik, .' bewacht und angepeitscht von einer ganzen Schar Antreiber. Tie i meisten jungen Mädchen, welche die volkswirtschaftlichen Verhältnisse l nicht kennen und auch noch nicht begreifen, hoffen, daß doch noch einmal die Zeit der Erlösung kommen werde. Sie hoffen aus den eigenen Haushalt. Wie die verzauberte Prinzessin im Märchen hoffen sie auf den Prinzen, der sie erlösen wird aus der Pein und Qual , der Lohnarbeit. Sie sehen zwar das traurige Los ihrer verheirateten ! Kolleginnen, aber in einem Winkel ihres Herzens bleibt doch jeder i einzelnen die Hoffnung, daß es gerade ihr besser beschicken sein 1 werde. Von dem kargen Lohn darbt und hungert die junge Arbeiterin, - um sich eine wenn auch noch so kleine Ausstattung zu ersparen. Um ! ein viertel Dutzend Hemden, einige Handtücher und Bettzeug vorrätig I zu haben, überwinden sie oft den Hunger. Wenn sie zehn bis elf > Stunden in der Fabrik gerackert haben, nähen, häkeln und sticken sie > n» der Ausstattung. Diese Armen wissen nicht, daß das Lesen eines ; guten Buches zehnmal mehr Wert hätte als alle die Tausende von ! Stichen und Häkelmaschcn, mit denen sie sich abmühen. Wie oft auch j muß das so mühsam Erworbene bei den ersten „Mutterfreuden" für wenig Geld verschleudert werden, um die Wäsche für das Erst- , geborene anschaffen zu können.
Unsagbar traurig ist das Los der Arbeiterinnen, vieles wurde schon darüber geschrieben, aber geholfen wurde noch nie. Die Besitzenden sind zwar manchmal gerührt, einigermaßen erschüttert, wie . bei den Ergebnissen, die im Jahre 18!»1> die Frauenenquete in Wien ; gezeitigt hat oder anläßlich der Berliner Hcimarbeiterausstellung, : aber von ihrem angemaßten Vorrecht auf die Ausbeutung der Arbeite- > rinnen lassen sie so wenig wie auf die der Arbeiter.
(kann sich jemand, der nie das Los einer Fabriksarbciterin . am eigenen Leibe erfahren hat, eine Vorstellung davon machen? > „Wer nie sein Brot mit Tränen aß, wer nie die kummervollen Nächte