Dokument 
Die Arbeiterin im Kampf ums Dasein / von Adelheid Popp
Entstehung
Seite
22
Einzelbild herunterladen

22

findung auf dem Gebiete der Produktion zu fluchen. Die Gesamt­heit, das sind alle Menschen, würde die Maschine zum Heil aller anwenden. Die Arbeitszeit würde eine bedeutende Verkürzung erfahren, denn alle müßten arbeiten und es dürfte nur so lange ge­arbeitet werden, als erforderlich ist, um jedem Menschen die Be­friedigung seiner Bedürfnisse zu ermöglichen.

Dies trifft auf das geistige Proletariat das sind die so­genannten Kopfarbeiter genau so zu wie aus das industrielle. Eine solche Gesellschaftsform wäre durchführbar, wenn Egois­mus und Klasscnvorteile nicht eine so große Rolle spielten; sind diese beseitigt, dann wird von lleberpröduktion keine Rede mehr sein, bei der die Menschen bis zur Erschöpfung Mehrwert schaffen müsse», aber nicht von den von ihnen erzeugten Produkten das Notwendigste konsumieren können. Vonlleberpröduktion" wird nur so lange die Rede sein, als das Proletariat nicht kauffähig, nicht konsumtionsfähig ist.

In der Fabrik rackern sich Männer. Frauen und Mädchen zu Tode und draußen gehen Tausende hungrig, in Lumpen und obdach­los herum. Und sagt selbst, Arbeiterinnen, gehört von dem, was ihr mit eurem Fleiß und eurer Geschicktichkeit erzeugt, auch euch etwas? Kann sich die Schneiderin den Stoff kaufen, um auch für sich selbst ein schönes Kleid fertigzustellen, wie sie es für andere macht, wobei sie sich die Augen blind und die Finger wund näht? Kann die Textil­arbeiterin, welche gleich den Männern im Webstuhl sitzt, für sich selbst mit leichter Mühe nur ein Baumwollkleid anschaffen? Keine von beiden kann dies; die Schneiderin muß für sich selbst das Billigste und Einfachste herstellen, weil sie für ihre mühsamste Arbeit einen Hungerlohn bekommt. Die Textilarbeiterin muß monatelang darben, bis sie sich den Baumwollstoff kaufen kann, weil sie obendrein auch die Schneiderin nur schwer bezahlen kann. Genau so ist es mit allen anderen proletarischen Berufen. Die Bauarbeiter und ihre Hilfsarbciterinnen bauen schöne, hohe Häuser, sie selbst wohnen aber in dumpfen Kellerlöchern; während des großen Wiener Schuhmacher­streiks ist die Tatsache konstatiert worden, daß viele Gehilfen nicht zur Slreikversammlung gehen konnten, weil sie keine Schuhe hatten. Gibt es einen größeren Hohn auf dieMenschlichkeit" der Menschheit als diese grausigen Auswüchse der .Klassenherrschaft?!

Nur ein Beispiel, welch gewaltige Konkurrentin der mensch­lichen Arbeit die Maschine fft. Als das Fabrizieren von Trikot­taillen größeren Umfang erreichte, fanden viele Frauen Beschäftigung bei dem Ausnähen der Knopflöcher; im Jahre 1892 erfuhr das mit einem Schlag eine Aenderung, als auch in diesem Industriezweig eine Maschine erfunden wurde, welche in einem Tage so viel erzeugte als mit der Handnähcrei 17 A r b e i t e r i n n e n fertigstellen konnten! So­nach hatte eine einzige Maschine die Gewalt, 16 A r b c i t eri n n en brotlos zumachen, da eine Maschine nur eine Arbeiterin zur Be­dienung benötigt. Gegenwärtig werden bei der Wäscheerzeugung elektrisch betriebene Maschinen verwendet, wovon eine einzige 35iR>