Bemerkung: „Aus dem langen Programm ist zu ersehen, was in Frankreich die Lehrerinnen, meist Jungfrauen, die nie ein eigenes Heim geführt haben, den Mädchen alles vortragen. Frau Campan*) hat in ihren Anstalten diesen Haushnltungsunterricht abgeschafft. Es wird stets davon abhängen, ob eine geeignete Lehrkraft zu finden ist oder nicht. (Also sollte man solche Curse als rein fachliche behandeln und außerhalb des Programmes der höheren Töchterschulen stellen.) Unbedenklicher kann man sich mit dem Unterrichte in der „Gesundheitslehre" befreunden." — Wir stehen ganz aus der Seite dieses Kritikers. Ein solcher theoretischer Unterricht ohne praktisch greifbares Ziel, in nicht anziehender, unpopulärer Weise betrieben, schwächt das Interesse ab, statt es zu beleben. Würde man einem angehenden Handwerker, etwa einem Tischlerlehrling, theoretische Vorlesungen, noch dazu von einem Laien, über Tischlerei halten, ohne ihn irgend früher oder gleichzeitig in die Werk- stätte einzuführen und ihm reichlich Gelegenheit zur Aus- und Einübung der Fertigkeit zu geben, so würde ein schönes Machwerk herauskommen! Nun, die Haushaltung und was mit ihr zusammenhängt, ist auch eine Werkstätte, sogar eine recht vielseitige; ihr Apparat will gekannt und gehandhabt sein. Daher ist auch mit „ein paar Stunden in der Woche", mit dem „Bisschen von dem" und dem „Bisschen vom andern" nichts geleistet. Dieses „Bisschen" ist sogar der Grundschaden unserer Zeit und unseres ganzen modernen Unterrichts- und Erziehungswesens von der Volksschule an bis zur Hochschule hinauf. In nicht gerade höflicher Art hat das schon Jarno im „Wilhelm Meister" gesagt, wenn er ausruft: „Narrenspossen sind eure allgemeine Bildung und alle Anstalten dazu! Dass ein Mensch etwas ganz entschieden verstehe, vorzüglich leiste, wie nicht leicht ein anderer in der nächsten Umgebung, daraus kommt es an." Selbstverständlich fällt es uns mit unserer Bemerkung nicht ein, und ist dies wohl auch nicht Jarnos Ansicht gewesen, den Wert einer gediegenen und wohlfundierten Bildung herabzusetzen; nur gegen die landläufige Methode muss energisch Front gemacht werden, die gerade das Gegentheil von dem erzielt, was sie will, und deren Resultat schon in dein alten, vielgebrauchten Spruchsatz zusammengefasst
Madame Campan, die ehemalige .Nammerfrau der unglücklichen Gemahlin Louis XVI., später Lehrerin der Hortcnse und Emilie Beauharnais, von Napoleon I. ,1807) zur Leiterin der Erziehungsanstalt zu Econen berufen, ist die Mutter aller der zahlreichen Institute, insbesondere der Müdchenpensionate, welche bis heute für die höhere Bildung der Mädchen sorgen. Sie war es auch, welche die Idee der Vvlksbibliotheken, speciell für niedere Stände, fü.r Dienstmädchen, Arbeiterinnen u. s. w. zuerst erfasste und verwirklichte.