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Dr. Barnardo's Homes : (Rettungs- und Wohlfahrts-Anstalten) / von Katharina Migerka
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fühlend den Zeitverhältnissen ins Antlitz sieht. Ihm werden die furchtbaren Contrasts sich offenbaren, die angesichts aller fortschreitenden Cultur sich entwickelt haben, er wird sich dessen bewusst sein, dass es der Mitarbeiter­schaft Aller bedarf, um das Riesenwerk der socialen Verbesserung zu vollziehen, dass die Pflicht solcher Mit­arbeiterschaft für jeden Einzelnen wächst mit jedem Zuwachs an innerer Kraft und äusserem Besitze.

Doppelt gibt, wer schnell gibt, so lehrt ein altes Wort. Dreifach, hundertfach gibt, wer solche Hilfe gewährt, die nicht nur die Noth, die Qual des Augenblickes be­schwichtigt, sondern die Ursache des Leidens beseitigt, der den Schwachen, den Kämpfenden die Kraft der Selbst­hilfe zu stärken weiss. Wer so moralische und physische Gesundheit, Berufstüchtigkeit und Lebensfreudigkeit in die Reihen der Armen, der Hoffnungslosen trägt, der lichtet der Zukunft den Weg, den wird die Gesellschaft zu ihren Rettern zählen.

Von solch einem Retter und seinen Werken sollen diese Blätter erzählen.

Es ist Dr. Barnardo, der grosse Kinderfreund, dessen Name weit über England hinaus den Wiederhall freudiger Bewunderung weckt. Die nachfolgenden Mit­theilungen sind der von Dr. Barnardo herausgegebenen ZeitschriftNight and Day u und den Jahresberichten seiner Institutionen entnommen.

Im Jahre 1866, an einem kalten Winterabende, wurde ein junger Student, der freiwillig den Unterricht an einer sogenanntenLumpenschule (ragged school) ertheilte, von der Verlassenheit eines armen, obdachlosen Knaben so tief bewegt, dass, als er sich die Ueberzeugung verschafft hatte, .dass das reiche, mächtige London viele Tausende solcher Kinder berge, die nicht wissen, wohin sie Nachts ihr Haupt niederlegen, womit sie ihren Hunger stillen sollen, er sich gelobte, sein Leben, seine ganze Kraft fortan der Rettung solcher Kinder zu widmen. Dieser junge Student besass weder Reichthum, noch Ansehen, noch hohe Verbindungen, aber er besass Besseres ein tapferes, liebreiches Herz und unbeirrtes Gottvertrauen. Und heute, nach 26 Jahren, sind es nahezu 19.000 Kinder, die durch ihn eine Heimat,